Bolitho sah zu, wie Blachfords abgenutzte Kisten und Folianten an Deck gebracht wurden, und meinte:»Sie werden meinen Neffen Adam kennenlernen. Er leistet Ihnen bestimmt gute Gesellschaft.»

Aber Firefly wurde nicht mehr von Adam Bolitho gefuhrt. Ein anderer junger Commander kam an Bord des Flaggschiffs. Bolitho empfing ihn achtern und fragte sofort:»Was ist mit Ihrem Vorganger?»

Der Commander, der aussah wie ein eifriger Fahnrich, berichtete, da? Adam seine Beforderung erhalten hatte. Mehr wu?te er nicht, und es verschlug ihm auch fast die Sprache, einem Vizeadmiral Angesicht zu Angesicht gegenuberzustehen. Besonders einem, der jetzt aus anderen als dienstlichen Grunden bekannt war, vermutete Bolitho.

Er freute sich fur Adam, aber er vermi?te ihn. Keen stand neben ihm, als Firefly wieder Segel setzte und aufkreuzte, um den schwachen Wind zu nutzen.

Keen sagte:»Ohne ihn als Kommandanten scheint der Brigg was zu fehlen.»

Bolitho schaute zu den gebra?ten Rahen der Hyperion auf, dem in der Hohe sich krauselnden Wimpel.

«Stimmt, Val. Ich wunsche ihm viel Gluck. «Er stockte.»Wenn Manner wie Sir Piers Blachford jetzt endlich Interesse zeigen, wird Adams Navy vielleicht eine bessere werden als unsere.»

Er sah der Brigg nach, bis sie nur noch ihr Heck zeigte. In zwei Wochen wurde Firefly in England sein. Keen ging, als Bolitho an der Windseite des Achterdecks seinen Spaziergang aufnahm. Im offenen wei?en Hemd, mit dem wehenden Haarschopf, sah er nicht wie ein Admiral aus.

Keen lachelte. Er war auch nur ein Mann wie sie alle.

Eine Woche spater sichtete die Fregatte Tybalt den im Auftrag der Admiralitat segelnden Schoner Lady Jane und benachrichtigte sofort das Flaggschiff.

Der Wind lie? sich gut an, hatte aber betrachtlich gedreht, so da? der forsche Schoner mehrere Stunden kreuzen mu?te, bevor Signale ausgetauscht werden konnten. Bolitho und Keen sahen vom Achterdeck aus die wei?en Segel des Schoners in den Wind schie?en, wahrend Jenours Signalgasten eine Antwort aufhei?ten. Jenour berichtete aufgeregt:»Sie kommt mit Depeschen von Gibraltar, Sir Richard.»

«Das mussen aber dringende Nachrichten sein«, bemerkte Keen.»Der Schoner gibt sein Letztes her. «Er wies Parris an:»Machen Sie klar zum Beidrehen, wenn's beliebt.»

Die Trillerpfeifen jagten Trupps von Mannern an Deck, wo sie von den Decksoffizieren gemustert wurden. Bolitho betastete sein Auge. Seit Piers Blachfords Abreise hatte es ihn kaum gestort. War es moglich, da? es sich trotz dessen ungunstiger Prognose besserte?

«Lady Jane hat beigedreht, Sir Richard. Sie lassen ein Boot zu Wasser.»

Jemand kicherte.»Meine Gute, der Kommandant sieht ja aus, als ware er zwolf Jahre alt.»

Das kleine Boot glitt flott uber die schwach atmende Dunung.

Bolitho war in seiner Kajute gewesen, als der Ausguck das erste Tybalt-Signal gemeldet hatte, und hatte neue Befehle fur Herrick und dessen Kommandanten verfa?t: Teilt das Geschwader, zogert nicht langer.

Jetzt blickte er gespannt zur Relingspforte. War es unrecht, die Langeweile zu verfluchen, wenn die Alternative ein plotzlicher Tod sein konnte? Was, wenn das Boot nur eine weitere nichtssagende Depesche brachte? Er unterdruckte seinen Arger. In Gottes Namen, inzwischen sollte er sich daran gewohnt haben.

Der Kommandant der Lady Jane, ein rotbackiger Leutnant namens Edwards, kletterte an Bord und sah sich um, als sa?e er in der Falle. Keen trat vor.»Kommen Sie mit nach achtern, Sir. Der Admiral will mit Ihnen sprechen.»

Bolitho starrte uberrascht eine zweite Person an, die ohne gro?e Umstande, nur begleitet vom Grinsen der Matrosen, im Bootsmannstuhl an Bord geholt wurde.»Sir Piers! Wie ich sehe, konnten Sie sich doch nicht von uns trennen.»

Sir Piers Blachford hob warnend die Hand, als ein Seemann fast seinen Instrumentenkasten fallen lie?. Dann sagte er schlicht:»Ich kam nur bis Gibraltar. Dort erfuhr ich, da? die Franzosen sich mit ihren spanischen Verbundeten in Cadiz vereinigt haben. Da sich nicht absehen lie?, wann ich nun die Flotte erreichen wurde, habe ich mich entschlossen, mit dem Schoner hierher zuruckzukehren. «Er lachelte sanft.»Naturlich mit dem Segen der Behorden, Sir Richard.»

Keen meinte skeptisch:»Bei uns bekommen Sie hochstens einen Sonnenstich oder Durst, Sir Piers. «Dann sah er, wie die Nachricht Bolitho verandert hatte, wie die dunkelgrauen Augen plotzlich aufleuchteten.

In der Kajute schlitzte Bolitho den dicken Leinwandumschlag selbst auf. Die Gerausche des Schiffes schienen auf einmal zu verstummen, als ob auch Hyperion den Atem anhielte.

Alle umgaben ihn wie auf ihr Stichwort wartende Schauspieler: Keen, breitbeinig, das blonde Haar in einem Sonnenstrahl leuchtend. Yovell am Tisch, eine Feder noch in der Hand. Sir Piers Blachford, der sich wegen seiner Gro?e hingesetzt hatte, aber ungewohnlich still blieb. Jenour neben Bolitho, der als einziger sein schnelles Atmen wahrnahm. Und Leutnant Edwards, der mit seinem Schoner die Nachrichten aus Gibraltar gebracht hatte und nun dankbar einen Humpen Wein leerte, den ihm Ozzard in die Hand druckte.

Und naturlich Allday. War es Zufall oder Absicht, da? er sich bei der Wandhalterung mit den zwei Degen aufhielt?

Bolitho erklarte den Aufhorchenden:»Nelson holte vergangenen Monat seine Flagge ein und kehrte nach Hause zuruck, nachdem es ihm nicht gelungen war, die Franzosen zum Kampf zu stellen. «Er blickte Blachford an.»Die franzosische Flotte liegt in Cadiz, die spanischen Geschwader ebenfalls. Cadiz wird fur uns von Vizeadmiral Collingwood blockiert.»

Jenour flusterte:»Und Lord Nelson?»

Bolitho sah ihn an.»Inzwischen ist Nelson wieder auf der Victoty und jetzt ohne Zweifel bei seiner Flotte.»

Eine ganze Weile sprach keiner. Dann machte Keen den Mund auf.»Werden sie ausbrechen? Sie mussen!»

Bolitho legte die Hande auf den Rucken.»Ich stimme zu. Villeneuve bleibt keine andere Wahl. Aber welche Richtung wird er einschlagen? Nach Norden in die Biskaya oder zuruck ins Mittelmeer, vielleicht nach Toulon?«Er musterte ihre gespannten Gesichter.»Jedenfalls werden wir bereit sein. Wir sollen uns Lord Nelson anschlie?en, zur Blockade oder zum Kampf, das hangt ganz von Villeneuve ab.»

Er fuhlte, wie er sich entspannte, als ob ein Gewicht von seinen Schultern genommen sei. Er wandte sich an den rotbackigen Leutnant.»Wohin sind Sie unterwegs?»

Der machte eine unbestimmte Handbewegung.»Erst nach Malta und dann…»

Er schien zu uberlegen, wie er seinen Freunden von dieser Begegnung erzahlen wurde, wenn er erst dem Rest der Flotte die Befehle uberbracht hatte.

«Ich wunsche Ihnen eine gute Reise.»

Keen geleitete den jungen Mann von Bord.

Bolitho sagte:»Signal an Tybalt, zur Wiederholung fur Phaedra: Kommandant zum Flaggschiff aufschlie?en und ohne Verzogerung an Bord melden.»

Jenour schrieb es in seine Kladde.»Sofort, Sir Richard!«Er rannte fast aus der Kajute.

Bolitho sah Blachford an.»Ich entsende Phaedra, um Herricks Geschwader herbeizurufen. Mit ihm zusammen beabsichtige ich, nach Westen zu segeln. Kommt es zum Kampf, werden wir daran teilnehmen. «Lachelnd fugte er hinzu:»Dann werden Sie hier mehr als nur willkommen sein.»

Keen kam zuruck und fragte:»Sie schicken die Phaedra nach ihm, Sir Richard?»

Wieder einmal fiel Bolitho auf, wie sehr sich ihre Gedankengange glichen. Es war nur ein Jammer, da? es nicht Adam sein konnte, der Herrick den Ruckruf uberbrachte.

Blachford wandte ein:»Aber wird es schlie?lich nicht wieder blo? mit einer Blockade enden?»

Keen schuttelte den Kopf.»Das glaube ich nicht, Sir Piers. Es steht jetzt zuviel auf dem Spiel.»

Bolitho nickte.»Nicht zuletzt die Ehre Villeneuves. «Er ging zu den Heckfenstern und rechnete nach, wie lange wohl Dunstan brauchen wurde, um mit seiner Korvette zum Geschwader aufzuschlie?en.