Herrick lachelte.» Aye, Sir. Sobald die Tide wechselt, beabsichtige ich, in Portsmouth ins Dock zu gehen. Ich habe dem Hafenadmiral entsprechende Nachricht geschickt. «Dann setzte er ernst hinzu:»Der Sechste Offizier ist eben gestorben. So nahe am Zuhause.»

Bolitho nickte. Es war besser so. Ein junger Offizier, dem das halbe Gesicht weggeschossen und der auch geistesgestort war, ware an Land eine Tragodie gewesen. Jetzt konnte wenigstens die Erinnerung an ihn von seiner Familie hochgehalten werden.

Er sagte:»So viele gute Leute, Thomas. Ich hoffe, sie sind nicht umsonst gestorben.»

Herrick lachelte.»Werfen Sie es hinter sich, Sir. Das haben wir doch schon oft genug tun mussen.»

«Und was wollen Sie machen?»

«Wenn wir eingedockt sind, werde ich die Midships und einige der Verheirateten nach Hause schicken.»

Bolitho verstand. Mit Verheirateten meinte Herrick Offiziere und Deckoffiziere. Gemeine Seeleute, so loyal sie auch sein mochten, hatten sich wahrscheinlich verdruckt, wenn sie erst einmal wieder die Annehmlichkeiten ihres Zuhauses kennenlernten.

Herrick sagte:»Ich bleibe naturlich an Bord. Wenn's Gott gefallt, wird meine Frau mich hier besuchen.»

Bolitho setzte sich sehr vorsichtig hin.»Sie machen das beste daraus, Thomas, recht so.»

«Das ist wahr. Und ich bin glucklich. «Es klang etwas weniger glucklich, als er fragte:»Werden Sie die Admiralitat aufsuchen, Sir?»

Bolitho zog eine Grimasse.»Ja, aber ich wurde lieber zehn solche Uberfahrten auf Ihrem Schiff machen als eine Reise im Dienstwagen nach London.»

Allday schaute herein. Er war schick angezogen, mit Goldknopfen am Rock und Schnallenschuhen.»Ich habe die Bootsbesatzung zusammengerufen, Sir.»

Herrick starrte Bolitho entsetzt an.»Sie haben doch nicht etwa die Absicht, sich an Land rudern zu lassen, Sir? Wir werden noch heute nacht im Dock sein. Sie konnen dann leicht morgen fruh den Wagen am >George< erreichen.»

Bolitho lachelte uber seine Aufregung.»Ich mu? wieder lernen zu gehen, Thomas. Und irgend etwas sagt mir, da? ich nicht langer hier an Deck herumschlurfen soll.»

Herrick seufzte.»Wenn Sie entschlossen sind.»

Allday grinste.»Wir wissen beide, was das hei?t, nicht wahr, Sir?»

Uber der Kajute horte Bolitho Fu?getrampel und das Quietschen von Taljen. Die Benbow war wieder zu Hause, aber fur die Beobachter am Ufer war sie einfach irgendein Schiff, das besser etwas in der Ferne blieb. Man las lieber daruber in der Gazette, als da? man es von nahem betrachtete. Ein Schiff war fur Unbeteiligte eben nur ein Schiff, und nicht Fleisch und Blut, Angst und Heldenmut.

Bolitho erlaubte Ozzard, ihm in den Mantel zu helfen. Er zwang sich zu einem unbewegten Gesichtsausdruck, nahm aber an, da? weder Herrick noch Allday sich tauschen lie?en. Der Schmerz trieb ihm Schwei?perlen auf die Stirn, und jede kleinste Anstrengung kostete ihn fast mehr Kraft, als er besa?. Jetzt noch Sabel und Gurt, dann der Hut, wahrend Ozzard den Zopf uber den goldbestickten Kragen legte.

Allday zupfte den Gurt zurecht und murmelte:»Wenn Sie noch etwas dunner werden, Sir, konnen wir Ihnen ein Hundehalsband umlegen.»

Browne, schon im Bootsumhang, erschien am Eingang.»Boot liegt langsseit, Sir. «Er lie? die Blicke uber Bolithos Erscheinung wandern und nickte billigend. Mit Herrick an der Spitze, marschierten sie von der Hutte auf das nasse Achterdeck.

Bolitho gewahrte erstaunt die gro?e Zahl von Seeleuten, die in den Wanten hingen oder auf den Laufbrucken standen. Herrick sagte schnell:»Ich habe keineswegs Befehle dazu gegeben, Sir.»

Bolitho nahm den Hut ab und ging langsam in Richtung Fallreep. Die Einstiegspforte schien eine Meile weg zu sein, und jedes langsame Neigen des Decks drohte ihn umzuwerfen. Zum erstenmal seit dem Augenblick, als ihn die Musketenkugel niedergestreckt hatte, war er an Deck. Er brauchte nicht an die Schmerzen und den Blutverlust erinnert zu werden. Noch fuhlte er sich innerlich leicht und wie betaubt von der Gewi?heit, da? er lebte.

Browne flusterte:»Stutzen Sie sich auf mich, Sir.» Selbst er hatte seine ubliche Ruhe verloren.»Bitte.»

Auf einmal rief einer der Manner:»Bravo!«, was ein allgemeines Beifallsgebrull ausloste, das wie eine Flutwelle durch das Schiff lief.

Pascoe schwenkte mit allen anderen den Hut, und sein lachendes Gesicht sagte alles. Da war Grubb in seinem verschlissenen Mantel, dann die machtige Gestalt von Leutnant Wolfe, dazu all die anderen Gesichter, die zu Namen geworden waren. Personlichkeiten.

«Gehen Sie schon vor, Mr. Browne. «Bolitho streckte Herrick die Hand hin.»Ich werde Sie auf dem laufenden halten, Thomas. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau. «Er sprach mit zusammengepre?ten Zahnen, um den Schmerz zu unterdrucken.

Dann schaute er hinunter auf das stark dumpelnde Boot, musterte die Kuttergaste in ihren sauberen karierten Hemden und geteerten Huten und die Riemen, die sich gegen das dunkle Wasser sehr wei? abhoben.

Jetzt oder nie! Bolitho schwang sich nach au?en aufs Fallreep und konzentrierte sich vollig auf das Boot und auf Allday, der — den Hut in der Hand — bereitstand, ihm beim Hinunterklettern zu helfen.

Die Triller der Bootsmannsmaatenpfeife und die Hochrufe der Matrosen halfen ihm, seine Muhe bei jedem Schritt abwarts zu verbergen, bis er mit einer letzten Anstrengung das Boot erreichte.

Als der Kutter sich von der Benbow entfernte, sah Bolitho hinauf zu dem Durcheinander an Deck, zu den provisorischen Abdichtungen der Einschu?locher in der Bordwand, und zu den vielen Schrammen und Kratzern von Kartatschenkugeln.

Als die Kuttergaste kraftig durchholten und das Boot am Bug vorbeirauschte, schaute Bolitho zuruck auf die hervorstechende Galionsfigur. Vizeadmiral Benbow hatte sein Bein verloren. Fast hatte er es ihm gleichgetan.

Sie hatten ein langes und hartes Stuck zu rudern, doch irgendwie half es Bolitho, seine Krafte zu erneuern. Die lebhaften Bewegungen des Kutters, die Spritzer, die sein Gesicht netzten, waren doch besser als sein feuchtes Gefangnis an Bord des Linienschiffes.

Ein paar Wachtposten der Seesoldaten bahnten Bolitho einen Weg durch die Menge von Neugierigen, die bei seiner Ankunft zuschauen wollten.

In Falmouth und sogar in Plymouth hatte man ihn gleich erkannt. Hier dagegen sahen die Leute fast jeden Tag Admirale kommen und gehen, oft weit ranghohere als Bolitho.

Eine Frau hielt ihr Kind hoch und rief:»Ist es Nelson?»

Eine andere sagte:»Er ist in der Schlacht gewesen, wer's auch sein mag.»

Bolitho sah erstaunt eine elegante Kutsche, die im Schutz einer Mauer auf sie wartete.

Browne erklarte fast entschuldigend:»Ich habe sie bestellt, als wir ankerten. Sie gehort einem Freund meiner Familie, und ich bin froh, da? sie rechtzeitig kam.»

Bolitho lachelte. Die Kutsche war wunderbar gefedert und wurde sich angenehm von dem Dienstwagen Portsmouth-London unterscheiden.

«Sie uberraschen mich immer wieder.»

Ein junger Leutnant trat vor und zog den Hut.»Ich habe Befehl, Ihnen diese Schreiben zu ubergeben, Sir. «Er beobachtete Bolitho mit so unverhohlener Neugier, als wolle er sich jede Einzelheit genau einpragen.»Vom Hafenadmiral und aus Whitehall, Sir.»

Browne nahm die Papiere an und ubergab sie Allday.»Legen Sie sie in den Wagen, und dann sagen Sie dem zweiten Bootssteurer, da? er mit dem Kutter zur Benbow zuruckfahren kann. «Trocken setzte er hinzu:»Ich nehme an, Sie beabsichtigen, mit uns zu kommen?»

Allday grinste.»Ich habe eine kleine Tasche gepackt, Sir. «Browne seufzte. Allday strahlte seit Bolithos Genesung wie die Tropensonne.

«Meine Empfehlung an den Hafenadmiral. «Bolitho stellte sich vor, wie Herrick jetzt seinen Bericht fur die Werft diktierte, eine Arbeit, die er ha?te, wie die meisten Kommandanten.»Richten Sie ihm bitte Gru?e von mir aus.»

Browne warf dem Leutnant, dem Boten des Hafenadmirals, einen vernichtenden Blick nach, als er in der Menge untertauchte. Allday kam zuruck und kletterte zu dem dicht vermummten Kutscher auf den