»Dieser Kater ist nicht verruckt«, sagte Black mit heiserer Stimme. Er streckte seine knochige Hand aus und streichelte Krummbeins wuschligen Kopf.»Er ist der klugste Kater, den ich kenne. Er hat Peter sofort durchschaut. Und als er mich traf, war ihm auch klar, da? ich kein Hund war. Es dauerte eine Weile, bis er mir vertraute… schlie?lich schaffte ich es, ihm mitzuteilen, hinter wem ich her war, und er half mir…«

»Was wollen Sie damit sagen?«, wisperte Hermine.

»Er wollte mir Peter bringen, aber es gelang nicht… also hat er die Pa?worter fur den Gryffindor-Turm fur, mich gestohlen… ich glaube, er hat sie vom Nachttisch eines Jungen stibitzt…

Doch Peter bekam Wind davon und floh…«, krachzte Black.»Dieser Kater – Krummbein nennst du ihn? – hat mir gesagt, da? Peter Blut auf dem Laken hinterlassen hat… ich denke, er hat sich selbst gebissen… nun ja, seinen eigenen Tod vorzutauschen hat schon einmal geklappt…«

Diese Worte rissen Harry aus seiner Trance.

»Und warum hat er seinen Tod vorgetauscht?«, fragte er aufgebracht.»Weil er wu?te, Sie wurden ihn toten, wie Sie meine Eltern getotet haben!«

»Nein«, sagte Black,»Harry -«

»Und jetzt sind Sie gekommen, um ihn endgultig zu erledigen!«

»Das stimmt, aber -«

»Dann hatte ich Snape freie Hand lassen sollen!«, rief Harry.

»Harry«, warf Lupin ein,»begreifst du nicht? Die ganze Zeit dachten wir, Sirius hatte deine Eltern verraten und Peter hatte ihn gejagt und gestellt. Doch es war andersrum. Peter hat deine Mutter und deinen Vater verraten – und Sirius hat Peter gejagt -«

»Das ist nicht wahr!«, rief Harry,»er war ihr Geheimniswahrer! Er hat es gesagt, bevor Sie kamen, er hat gesagt, da? er sie getotet hat!«

Er deutete auf Black, der nachdenklich den Kopf schuttelte; seine eingesunkenen Augen leuchteten plotzlich.

»Harry… es war praktisch meine Schuld«, krachzte er.»Ich habe Lily und James im letzten Moment dazu uberredet, Peter an meiner statt als Geheimniswahrer zu nehmen… ich bin schuld, ich wei? es… in der Nacht, als sie starben… war ich Peter besuchen gegangen, doch er war nicht zu Hause und es sah nicht nach einem Kampf aus

ich bin sofort zu deinen Eltern… und als ich ihr zerstortes Haus und ihre Leichen sah… war mir klar, was Peter getan haben mu?te… was ich getan hatte…«

Die Stimme versagte ihm. Er wandte sich ab.

»Genug davon«, sagte Lupin und etwas Stahlernes lag in seiner Stimme, wie Harry es von ihm nicht kannte.»Es gibt nur einen sicheren Weg, um zu beweisen, was wirklich geschehen ist. Ron, gib mir diese Ratte.«

Ron sah stumm von Lupin zu Harry hinuber. Harry nickte.

»Was werden Sie tun, wenn ich sie Ihnen gebe?«, fragte Ron angespannt.

»Ihn zwingen, sich zu zeigen«, sagte Lupin.»Wenn das wirklich eine Ratte ist, tut es ihr nicht weh.«

Ron bi? sich auf die Lippen und streckte die Hand mit Kratze aus. Lupin packte die Ratte. Kratze begann verzweifelt zu quieken und wehrte sich bei?end und kratzend gegen Lupins Griff.

»Bereit, Sirius?«, sagte Lupin.

Schon hatte Black Snapes Zauberstab vom Bett genommen. Er trat auf Lupin und die sich windende Ratte zu, und seine feuchten Augen schienen plotzlich in ihren Hohlen zu brennen.

»Zusammen?«, sagte er leise.

»Ich denke schon«, sagte Lupin und packte Kratze fest mit der einen, den Zauberstab mit der andern Hand.»Ich zahle bis drei. Eins – zwei – DREI!«

Blauwei?e Blitze knisterten aus beiden Zauberstaben hervor; einen Moment blieb Kratze in der Luft schweben, die kleine schwarze Gestalt krampfartig zuckend – Ron schrie auf – dann fiel die Ratte zu Boden; ein weiterer blendend heller Lichtstrahl und dann -

Es war, als sahen sie im Zeitraffer, wie ein Baum wachst. Vom Fu?boden wucherte ein Kopf empor, dann ein Korper, aus dem Glieder sprossen, und schon stand da, wo Kratze gelegen hatte, sich krummend und handeringend – ein Mann. Krummbein druben auf dem Bett fauchte und knurrte mit gestraubten Ruckenhaaren.

Es war ein sehr kleiner Mann, kaum gro?er als Harry und Hermine. Um einen gro?en kahlen Kreis auf dem Kopf fand sich noch ein wenig dunnes, farbloses Haar. Er machte den schmachtigen Eindruck eines pummeligen Mannes, der in kurzer Zeit viel Gewicht verloren hatte. Seine Haut wirkte schmuddlig, fast wie Kratzes Fell, und seine spitze Nase und die sehr kleinen, wa?rigen Augen erinnerten an eine Ratte.

Er blickte hechelnd in die Runde. Harry bemerkte, wie sein Blick rasch zur Tur huschte.

»Ach, hallo, Peter«, sagte Lupin launig, als ware es nichts Ungewohnliches, da? sich Ratten in seinem Umkreis als alte Schulfreunde entpuppten.»Lange nicht gesehen.«

»S-Sirius… R-Remus…«Selbst Pettigrew quiekte. Wieder huschten seine Augen zur Tur.»Meine Freunde… meine alten Freunde…«

Black hob den Zauberstab, doch Lupin packte ihn am Armgelenk und sah ihn warnend an, dann wandte er sich, betont lassig und einladend, erneut Pettigrew zu.

»Wir hatten eine kleine Unterhaltung, Peter, uber die Nacht, als Lily und James starben. Du hast vielleicht die Einzelheiten verpa?t, wahrend du dort auf dem Bett herumgequiekt hast.«

»Remus«, keuchte Pettigrew, und Harry sah, wie Schwei?perlen auf sein teigiges Gesicht traten,»du glaubst ihm doch nicht etwa er hat versucht mich umzubringen, Remus…«

»Das wissen wir«, sagte Lupin, jetzt eine Spur kuhler.»Peter, ich mochte ein oder zwei kleine Fragen mit dir klaren, wenn du so -«

»Und jetzt ist er hier, um es noch einmal zu versuchen!«, quiekte Pettigrew plotzlich und deutete auf Black. Harry sah, da? er seinen Mittelfinger benutzte, weil der Zeigefinger fehlte.»Er hat Lily und James umgebracht und jetzt wird er auch mich toten… du mu?t mir helfen, Remus…«

Blacks Gesicht ahnelte jetzt mehr denn je einem Totenschadel, und er starrte Pettigrew mit seinen unergrundlichen Augen an.

»Keiner hier wird versuchen dich zu toten, bevor wir ein paar Dinge geklart haben«, sagte Lupin.

»Geklart?«, kreischte Pettigrew und sah sich mit flehendem Blick um; die Augen huschten uber die brettervernagelten Fenster und dann erneut uber die einzige Tur.»Ich wu?te, da? er mich jagen wurde! Ich wu?te, da? er mir auf den Fersen war! Darauf habe ich zwolf Jahre gewartet!«

»Du wu?test, da? Sirius aus Askaban fliehen wurde?«, sagte Lupin stirnrunzelnd.»Obwohl es bisher noch keiner geschafft hatte?«

»Er hat dunkle Krafte, von denen unsereiner nur traumen kann!«, rief Pettigrew schrill.»Wie sonst ist er dort rausgekommen? Ich vermute, Du-wei?t-schon-wer hat ihm ein paar Kniffe beigebracht!«

Black fing an zu lachen, ein schauriges, freudloses Lachen, das den ganzen Raum erfullte.

»Voldemort – und mir Kniffe beibringen?«, sagte er.

Pettigrew zuckte zusammen, als hatte Black ihm einen Peitschenschlag versetzt.

»Was denn – Angst vor dem Namen des alten Herrn?«, sagte Black.»Ich versteh dich wohl, Peter. Seine Leute sind nicht besonders gut auf dich zu sprechen, nicht wahr?«

»Ich wei? nicht, was du meinst, Sirius«, wisperte Pettigrew und sein Atem ging schneller. Sein Gesicht glitzerte jetzt von Schwei?.

»Vor mir jedenfalls hast du dich nicht zwolf Jahre lang versteckt«, sagte Black.»Du hast dich vor Voldemorts alten Anhangern versteckt. Ich hab in Askaban gewisse Dinge gehort, Peter… sie glauben alle, du warst tot, denn sonst mu?test du ihnen Rede und Antwort stehen… ich hab sie im Schlaf schreien gehort. Klang, als ob sie glaubten, der Verrater hatte sie selbst verraten. Voldemort ging auf deinen Wink hin zu den Potters… und das war auch sein eigenes Ende. Aber nicht alle Anhanger Voldemorts landeten in Askaban, oder? Es treibt sich immer noch eine Menge herum und wartet, bis es wieder an der Zeit ist. Alle tun so, als hatten sie eingesehen, da? sie sich geirrt hatten… wenn sie je Wind davon bekommen, da? du noch lebst, Peter -«

»Wei? nicht… wovon du redest…«, sagte Pettigrew erneut und schriller denn je. Er wischte sich mit dem Armel uber das Gesicht und sah zu Lupin hoch.»Remus, du glaubst doch nicht etwa – diesem Irren -«