Er stand mit einer kleinen Gruppe am Kai und bemerkte, da? an Deck der meisten verankerten Schiffe eifrig gearbeitet wurde, als bereiteten sich alle auf einen Sturm vor.

Jonathan Chase rieb sich das Kinn und schielte zu den wild jagenden Wolken auf.»Ich will Sie ja nicht drangen, Leutnant, aber Sie sollten die Tide ausnutzen, ehe das Wetter umschlagt. Es kann jetzt nicht mehr lange dauern.»

Adam wandte sich Robina zu, deren Haar im schwindenden Licht wie Silber leuchtete.

Er sagte:»Es war sehr freundlich von Ihnen, Sir, mir so schnell eine Passage zu besorgen. «Aber seine Augen straften diese Worte Lugen.

Robina nahm seinen Arm, und gemeinsam sahen sie zu der kleinen Brigantine hinaus, die schon schwer vor Anker stampfte; der hei?e, boige Wind zerrte an ihren lose aufgegeiten Segeln. Ihr Name war Vivid, und Adam hielt es fur einen puren Zufall, da? Chase enen Skipper gefunden hatte, der zu der gut vierzehnhundert Seemeilen langen Reise nach San Felipe bereit gewesen war.

Beschworend flusterte Robina ihm zu:»Bleib hier, Adam. Du mu?t doch nicht abreisen. Du kannst bei uns wohnen, bis…«Halb flehend, halb trotzig blickte sie ihm ins Gesicht.»Mein Onkel wird dir eine Stellung beschaffen. «Ihre Finger gruben sich in seinen Arm.»Mach es wie dein Vater, bleibe bei uns.»

Unwirsch sagte Chase:»Hier kommt das Boot. Ich habe Ihr Gepack schon an Bord schaffen lassen, dazu ein paar Delikatessen fur unterwegs. Und gru?en Sie Ihren Onkel von mir. «Er sprach hastig, als wolle er den Abschied verkurzen.

Adam neigte den Kopf und ku?te sie, fuhlte dabei ihre nassen Wangen. Na? von Tranen oder von Gischt, genau konnte er das nicht sagen. Aber eines wu?te er: da? er sie mehr liebte als sein Leben. Und da? er sie in diesen Minuten zum letztenmal sah. Er kam sich vor wie mitten entzweigerissen.

Das kleine Boot schor an den Kai, und eine rauhe Stimme rief:»Springen Sie an Bord, Leutnant! Wir haben keine Zeit zu verlieren.»

Adam druckte seinen Hut fester in die Stirn und tat wie gehei?en. Das Boot war alt und schabig, aber die Manner an den Riemen verstanden ihre Arbeit.

Als sie von der Spundwand abstie?en und anruderten, stand er im Heck und starrte achteraus, sah die winkende Gestalt mit dem blassen Gesicht immer kleiner werden. Ich komme zuruck.

Mit zusammengebissenen Zahnen wandte er sich ab, als Gischt ubers Dollbord peitschte und der Bootsmann knapp befahl:»Da sind wir, machen Sie sich fertig.»

Der stampfende Rumpf der Brigantine erhob sich uber ihnen, ihre beiden Mastspitzen kreisten wild vor den Wolken, so hart arbeitete sie vor Anker.

Die Barschheit des Bootsmanns tat Adam fast wohl. Sie setzten ihn nicht aus Freundlichkeit uber, sondern weil Chase sie dafur gut bezahlt hatte; und sie dachten nicht daran, einen auslandischen Offizier zu respektieren.

Er kletterte an der Jakobsleiter hoch und ware der Lange nach an Deck gefallen, wenn nicht ein bulliger Mann aus dem Schatten gesprungen ware und ihn mit eisernem Griff am Arm gepackt hatte. Adam bemerkte, da? der Mann stark hinkte, und als er sich bei ihm bedanken wollte, sah er mit Erstaunen, da? er nur ein Bein hatte. Das tat aber der Autoritat keinen Abbruch, mit der er seine Leute ans Ankerspill scheuchte.

«Gehen Sie bitte unter Deck.»

Die tiefe Stimme hatte einen weichen Sudstaatenakzent, den Adam in Boston noch nicht gehort hatte. Schon hinkte er davon, seine kleine Crew zu beaufsichtigen, aber dann kehrte er noch einmal um.

«Wurde es Ihnen was ausmachen, den Hut abzunehmen?»

Als Adam der Bitte entsprach und der Wind sein Haar zauste, nickte der Skipper der Vivid zufrieden.

«Das dachte ich mir«, brummte er.»Gleich als Sie an Bord kamen. «Er wischte die Hand an seiner Weste ab und hielt sie Adam hin.»Der Name ist Jethro Tyrrell. Willkommen auf meinem kleinen Schiff.»

Adam starrte ihn verwundert an.»Kannten Sie etwa meinen Vater?»

Der Mann namens Tyrrell legte den Kopf in den Nacken und stie? ein rohrendes Gelachter aus.

«Gott behute! Aber ich kannte Richard Bolitho. «Im Weghinken warf er uber die Schulter:»War mal sein Erster Offizier, ob Sie's glauben oder nicht.»

Vollig verwirrt tastete Adam sich nach achtern zu dem engen Niedergang.

Es machte gar keinen Unterschied, in wessen Handen das Schicksal der Vivid lag, sagte er sich. Entscheidend war nur, da? sie ihn von Robina wegfuhrte. Seiner ersten Liebe.

VII Vor dem Angriff

«Die Einfahrt nach Rodney's Harbour ist eng. Sir. Hochstens eine Meile breit. «Stirnrunzelnd lie? Keen sein Fernrohr sinken.»Da konnte eine gut plazierte Batterie eine ganze Flotte fernhalten.»

Bolitho schritt zur anderen Deckseite, damit sein Blick nicht durch die Wanten behindert wurde. Sie waren wahrend der Nacht besser als gedacht vorangekommen; jetzt zeichnete sich vor ihnen in der Morgensonne die eindrucksvolle Pyramide des erloschenen Vulkans ab, und Bolitho studierte seine Gro?e und die zerkluftete Kuste der Insel mit gebuhrendem Respekt.»Nordwest zu West, Sir«, sang der Ruderganger aus, und Knocker grunzte eine Bestatigung.

Keen spahte zur Windfahne im Masttopp auf. Ohne einmal zu killen, zeigte sie nach Backbord voraus, also blieb der Wind immer noch stetig.

Bolitho glaubte zu spuren, wie Keen kalkulierte und uberlegte, wahrend sich sein Schiff vorsichtig auf das wie ein Dorn ins Meer ragende Vorland zuschob.

So vor dem Wind segelnd, konnten sie den Hafen zwar direkt anliegen, aber andererseits standen sie damit an einer Leekuste; Vorsicht war also geboten. Schon bei Morgengrauen hatte Keen zwei gute Lotgasten nach vorn in die Stampfketten geschickt, und seither warnten ihre regelma?igen Rufe vor der Gefahr; aber noch hatten die Senkbleie keinen Grund gefunden. Der Meeresboden stieg vor der Insel sehr steil an, und sobald sie erst auf gleicher Hohe mit dem Inselchen an der sudlichen Landspitze waren, mu?ten sie auf Riffe achten; sollte das Schiff aus dem Ruder laufen, wurden sie ihnen den Kiel herausrei?en.

«Nehmen Sie die Breitfock weg, Mr. Quantock. «Keens Stimme klang ruhig, aber seine Augen waren uberall; die Bramsegel standen im Wind so steif wie Bretter.

«An Deck!»

Bolithos auf dem Rucken verschrankte Hande krampften sich umeinander, als der Ausguckposten meldete:»Die Einfahrt ist gesperrt,

Sir!»

Keen starrte ihn an.»Zum Teufel, was fallt denen ein?»

Scharf befahl Bolitho:»Schicken Sie einen Offizier nach oben. Dann machen Sie klar zum Ankern!»

«Aber. «Keen schluckte seinen Protest hinunter, denn er wu?te, Bolitho kannte die Risiken selbst nur zu gut. Auf so tiefem Wasser vor Legerwall[9] zu ankern, hie? das Schicksal herausfordern. Wenn der Wind auffrischte, wurde der Anker schlieren und Achates hilflos auf die uberspulten Korallenriffe treiben.

Bolitho schritt auf und ab und uberlegte, wahrend ein Leutnant in fliegender Hast zum Krahennest aufenterte.

Dem Gouverneur stand es frei, seine Insel zu schutzen, auf welche Weise ihm beliebte. Vielleicht war er ja von anderer Seite angegriffen worden und wurde die Sperre entfernen, sobald Achates identifiziert worden war. Aber Bolitho verwarf diese Idee sofort wieder. Das Schiff hatte fast seine gesamte Dienstzeit in diesen Gewassern gesegelt und mu?te mit Leichtigkeit erkannt worden sein.

Der Leutnant, der zur Unterstutzung des Ausguckpostens aufgeentert war, rief zum Deck herunter:»Die Sperre besteht aus einer Reihe vermurter Boote, Sir!»

Er war erst kurzlich zum Offizier befordert worden und hatte eine helle junge Stimme, die fast madchenhaft klang; einige Matrosen grinsten bei ihrem Klang und stie?en sich an, bis ein Anraunzer von Quantock sie zur Ordnung rief.

Mit einem Ruck schob Keen sein Teleskop zusammen.»Klar zum Anluven. Bemannt die Brassen. Und die Ankerwache nach vorn — aber lebhaft!»

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9

Legerwall = Kuste, auf die der Wind steht