Zu Harrys anderer Seite sprachen Percy Weasley und Hermine uber den Unterricht (»Ich hoffe doch, sie fangen gleich an, es gibt so viel zu lernen. Mich interessieren besonders Metamorphosen, wei?t du, etwas in etwas anderes verwandeln, naturlich soll es sehr schwer sein.«-»Ihr fangt mit ganz einfachen Sachen an, Streichholzer in Nadeln verwandeln zum Beispiel… «).

Harry, der sich allmahlich warm und schlafrig fuhlte, sah erneut zum Hohen Tisch hinuber. Hagrid nahm einen tiefen Schluck aus seinem Kelch. Professor McGonagall sprach mit Professor Dumbledore. Professor Quirrell mit seinem komischen Turban unterhielt sich mit einem Lehrer mit fettigem schwarzem Haar, Hakennase und fahler Haut.

Es geschah urplotzlich. Der hakennasige Lehrer blickte an Quirrells Turban vorbei direkt in Harrys Augen und ein scharfer, hei?er Schmerz scho? plotzlich durch Harrys Narbe.

»Autsch!« Harry schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.

»Was ist los mit dir?«, fragte Percy.

»N-nichts.«

Der Schmerz war so schnell abgeklungen, wie er gekommenen war. Schwerer abzuschutteln war das Gefuhl, das der Blick des Lehrers in Harry ausgelost hatte, ein Gefuhl, das Harry uberhaupt nicht mochte.

»Wer ist der Lehrer, der sich mit Professor Quirrell unterhalt?«, fragte er Percy.

»Aha, du kennst Quirrell also schon? Kein Wunder, da? er so nervos aussieht. Das ist Professor Snape. Er lehrt Zaubertranke, ist aber damit nicht zufrieden. jeder wei?, da? er scharf ist auf die Arbeit von Professor Quirrell. Wei? eine Unmenge uber die dunklen Kunste, dieser Snape.«

Harry beobachtete Snape eine Weile, doch Snape blickte nicht mehr heruber.

Schlie?lich verschwand auch der Nachtisch und noch einmal erhob sich Professor Dumbledore.

»Ahm – jetzt, da wir alle gefuttert und gewassert sind, nur noch ein paar Worte. Ich habe ein paar Mitteilungen zum Schuljahresbeginn. Die Erstkla?ler sollten beachten, da? der Wald auf unseren Landereien fur alle Schuler verboten ist. Und einigen von den alteren Schulern mochte ich nahe legen, sich daran zu erinnern.«

Dumbledores zwinkernde Augen blitzten zu den Weasley-Zwillingen hinuber.

»Au?erdem hat mich Mr. Filch, der Hausmeister, gebeten, euch daran zu erinnern, da? in den Pausen auf den Gangen nicht gezaubert werden darf

Die Quidditch-Auswahl findet in der zweiten Woche des Schuljahrs statt. Alle, die gerne in den Hausmannschaften spielen wollen, mogen sich an Madam Hooch wenden.

Und schlie?lich mu? ich euch mitteilen, da? in diesem Jahr das Betreten des Korridors im dritten Stock, der in den rechten Flugel fuhrt, allen verboten ist, die nicht einen sehr schmerzhaften Tod sterben wollen.«

Harry lachte, aber nur wenige lachten mit ihm.

»Er meint es doch nicht etwa ernst?«, flusterte er Percy zu.

»Mu? er wohl«, sagte Percy und sah mit einem Stirnrunzeln zu Dumbledore hinuber. »Merkwurdig, denn normalerweise sagt er uns den Grund, warum wir irgendwo nicht hindurfen. Der Wald ist voller gefahrlicher Tiere, das wissen alle. Ich denke, er hatte es zumindest uns Vertrauensschulern sagen sollen.«

»Und nun, bevor wir zu Bett gehen, singen wir die Schulhymne«, rief Dumbledore. Harry bemerkte, da? das Lacheln der anderen Lehrer recht steif geworden war.

Dumbledore fuchtelte kurz mit seinem Zauberstab, als o b er eine Fliege von der Spitze verscheuchen wollte, und ein langer goldener Faden schwebte daraus hervor, stieg hoch uber die Tische und nahm, sich windend wie eine Schlange, die Gestalt von Worten an.

»jeder nach seiner Lieblingsmelodie«, sagte Dumbledore,»los geht's!«

Und die ganze Schule sang begeistert:

Hogwarts, Hogwarts, warzenschweiniges Hogwarts,

bring uns was Schones bei,

Ob alt und kahl oder jung und albern,

wir sehnen uns Wissen herbei.

Denn noch sind unsre Kopfe leer,

voll Luft und voll toter Fliegen,

wir wollen nun alles erlernen,

was du uns bisher hast verschwiegen.

Gib dein Bestes – wir konnen's gebrauchen,

unsere Kopfe, sie sollen rauchen!

Kaum einmal zwei von ihnen horten gleichzeitig auf Am Ende horte man nur noch die Weasley-Zwillinge nach der Melodie eines langsamen Trauermarsches singen. Dumbledore dirigierte ihre letzten Verse mit seinem Zauberstab, und als sie geendet hatten, klatschte er am lautesten. »Aah, Musik«, sagte er und wischte sich die Augen. »Ein Zauber, der alles in den Schatten stellt, was wir hier treiben. Und nun in die Betten!«

Die Erstkla?ler von Gryffindor folgten Percy durch die schnatternde Menge hinaus aus der Gro?en Halle und die Marmortreppe empor. Harrys Beine waren wieder bleischwer, diesmal jedoch nur, weil er sich den Bauch so voll geschlagen hatte und todmude war. Er war sogar zu schlafrig, um sich daruber zu wundern, da? die Menschen auf den Portrats entlang der Korridore flusterten und auf sie deuteten, als sie vorbeigingen, oder da? Percy sie zweimal durch Turbogen fuhrte, die versteckt hinter beiseite gleitenden Tafelungen und Wandteppichen lagen. Noch mehr Treppen ging es empor, gahnend und schlurfend, und Harry fragte sich gerade, wie lange es noch dauern wurde, als sie plotzlich Halt machten. Ein Bundel Spazierstocke schwebte in der Luft vor ihnen, und als Percy einen Schritt auf sie zutrat, begannen sie, sich auf ihn zu werfen.

»Peeves«, flusterte Percy den Erstkla?lern zu. »Ein Poltergeist.« Er hob seine Stimme:»Peeves, zeige dich.«

Ein lautes, grobes Gerausch, wie Luft, die aus einem Ballon gelassen wird, antwortete.

»Willst du, da? ich zum Blutigen Baron gehe?«

Es machte »Plopp« und ein kleiner Mann mit bosen dunklen Augen und weit geoffnetem Mund erschien. Die Beine uber Kreuz schwebte er vor ihnen in der Luft und packte die Spazierstocke.

»Ooooooooh!«, sagte er mit einem gehassigen Kichern.» Die su?en kleinen Erstkla?ler! Welch ein Spa?!«

Plotzlich rauschte er auf sie zu. Sie duckten sich.

»Verschwinde, Peeves, oder der Baron erfahrt davon, ich meine es ernst, bellte Percy.

Peeves streckte die Zunge heraus und verschwand, nicht ohne die Stocke auf Percys Kopf fallen zu lassen. Sie horten ihn abziehen, an jeder Rustung ruttelnd, an der er vorbeikam.

»Nehmt euch lieber in Acht vor Peeves«, sagte Percy, als sie sich wieder auf den Weg machten. »Der Blutige Baron ist der Einzige, der ihn im Griff hat, er hort nicht einmal auf uns Vertrauensschuler. Da sind wir.«

Ganz am Ende des Ganges hing das Bildnis einer sehr dicken Frau in einem rosa Seidenkleid.

»Pa?wort?«, fragte sie.

»Caput Draconis«, sagte Percy. Das Portrat schwang zur Seite und gab den Blick auf ein rundes Loch in der Wand frei. Sie zwangten sich hindurch – Neville brauchte ein wenig Hilfestellung – und fanden sich in einem gemutlichen, runden Zimmer voll weicher Sessel wieder: dem Gemeinschaftsraum von Gryffindor.

Percy zeigte den Madchen den Weg durch eine Tur, die in ihren Schlafsaal fuhrte und geleitete die Jungen in ihren. Sie kletterten eine Wendeltreppe empor – offensichtlich waren sie in einem der Turme – und fanden nun endlich ihre Betten: funf Himmelbetten, die mit tiefroten samtenen Vorhangen verkleidet waren. Ihre Koffer waren schon hochgebracht worden. Viel zu mude, um sich noch lange zu unterhalten, zogen sie ihre Pyjamas an und lie?en sich in die Kissen fallen.

»Tolles Essen, was?«, murmelte Ron durch die Vorhange zu Harry hinuber. »Hau ab, Kratze! Er kaut an meinem Laken.«

Harry wollte Ron noch fragen, ob er von der Zuckergu?torte gekostet habe, doch in diesem Moment fielen ihm die Augen zu.

Vielleicht hatte Harry ein wenig zu viel gegessen, denn er hatte einen sehr merkwurdigen Traum. Er trug Professor Quirrells Turban, der standig zu ihm sprach. Er musse sofort nach Slytherin uberwechseln, das sei sein Schicksal; der Turban wurde immer schwerer; Harry versuchte ihn vom Kopf zu rei?en, doch er zog sich so eng zusammen, da? es weh tat. Und da war Malfoy, der ihn auslachte, jetzt verwandelte sich Malfoy in den hakennasigen Lehrer Snape, dessen Lachen spitz und kalt wurde – grunes Licht flammte auf und Harry erwachte zitternd und in Schwei? gebadet.