Professor M. McGonagall

Harry fiel es schwer, seine Genugtuung zu verbergen, als er Ron den Brief zu lesen gab.

»Einen Nimbus Zweitausend«, stohnte Ron neidisch. »Ich hab noch nicht mal einen beruhrt.«

Sie verlie?en rasch die Halle, um den Besen zu zweit noch vor der ersten Stunde auszupacken, doch in der Eingangshalle sahen sie, da? Crabbe und Goyle ihnen an der Treppe den Weg versperrten. Malfoy ri? Harry das Paket aus den Handen und betastete es.

»Das ist ein Besen«, sagte er und warf ihn Harry zuruck, eine Mischung aus Eifersucht und Hame im Gesicht. »Diesmal bist du dran, Potter, Erstkla?ler durfen keinen haben.«

Ron konnte nicht widerstehen.

»Es ist nicht irgendein bloder Besen«, sagte er,»es ist ein Nimbus Zweitausend. Was sagtest du, was fur einen du daheim hast, einen Komet Zwei-Sechzig?« Ron grinste Harry an. »Ein Komet sieht ganz protzig aus, aber der Nimbus spielt in einer ganz anderen Liga.«

»Was wei?t du denn schon daruber, Weasley, du konntest dir nicht mal den halben Stiel leisten«, fauchte Malfoy zuruck. »Ich nehme an, du und deine Bruder mussen sich jeden Reisigzweig einzeln zusammensparen.«

Bevor Ron antworten konnte, erschien Professor Flitwick an Malfoys Seite.

»Die Jungs streiten sich doch nicht etwa?«, quiekte er.

»Potter hat einen Besen geschickt bekommen, Professor«, sagte Malfoy wie aus der Pistole geschossen.

›Ja, das hat seine Richtigkeit«, sagte Professor Flitwick und strahlte Harry an. »Professor McGonagall hat mir die besonderen Umstande eingehend erlautert, Potter. Und welches Modell ist es?«

»Ein Nimbus Zweitausend, Sir«, sagte Harry und mu?te kampfen, um beim Anblick von Malfoys Gesicht nicht laut loszulachen. »Und im Grunde genommen verdanke ich ihn Malfoy hier«, fugte er hinzu.

Mit halb unterdrucktem Lachen uber Malfoys unverhohlene Wut und Besturzung stiegen Harry und Ron die Marmortreppe hoch.

»Tja, es stimmt«, frohlockte Harry, als sie oben angelangt waren,»wenn er nicht Nevilles Erinnermich geklaut hatte, war ich nicht in der Mannschaft… «

»Du glaubst wohl, es sei eine Belohnung dafur, da? du die Regeln gebrochen hast?«, tonte eine zornige Stimme hinter ihnen. Hermine stapfte die Treppe hoch und betrachtete mi?billigend das Paket in Harrys Hand.

»Ich dachte, du sprichst nicht mehr mit uns?«, sagte Harry.

»hor jetzt blo? nicht auf damit«, sagte Ron,»es tut uns ja soo gut.«

Hermine warf den Kopf in den Nacken und stolzierte davon.

Harry fiel es an diesem Tag ausgesprochen schwer, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. In Gedanken stieg er hoch zum Schlafsaal, wo sein neuer Besen unter dem Bett lag, und schlenderte hinaus zum Quidditch-Feld, wo er heute Abend noch spielen lernen wurde. Das Abendessen schlang er hinunter, ohne zu bemerken, da? er uberhaupt a?, und rannte dann mit Ron die Treppen hoch, um endlich den Nimbus Zweitausend auszupacken.

»Aaah«, seufzte Ron, als der Besen auf Harrys Bettdecke lag.

Selbst fur Harry, der nichts uber die verschiedenen Besen wusste, sah er wundervoll aus. Der schlanke, glanzende Stil war aus Mahagoni und trug die goldgepragte Aufschrift Nimbus Zweitausend an der Spitze, der Schweif war aus fest gebundelten und geraden Reisigzweigen.

Es war bald sieben. Harry verlie? das Schlo? und machte sich in der Dammerung auf den Weg zum Quidditch-Feld. Er war noch nie in dem Stadion gewesen. Auf Gerusten um das Feld herum waren hunderte von Sitzen befestigt, so da? die Zuschauer hoch genug sa?en, um das Geschehen verfolgen zu konnen. An beiden Enden des Feldes standen je drei goldene Pfeiler mit Ringen an der Spitze. Sie erinnerten Harry an die Ringe aus Plastik, mit denen die Muggelkinder Seifenblasen machten, nur waren sie in einer Hohe von fast zwanzig Metern angebracht. Harry war so scharf darauf, wieder zu fliegen, da? er nicht auf Wood wartete, sondern seinen Besen bestieg und sich vom Boden abstie?. Was fur ein Gefuhl – er schwebte durch die Torringe und raste dann das Spielfeld hinauf und hinunter. Der Nimbus Zweitausend reagierte auf die leiseste Beruhrung.

»He, Potter, runter da«

Oliver Wood war angekommen. Er trug eine gro?e Holzkiste unter dem Arm. Harry landete neben ihm.

»Sehr schon«, sagte Wood mit glanzenden Augen. »Ich wei? jetzt, was McGonagall gemeint hat… du bist wirklich ein Naturtalent. Heute Abend erklare ich dir nur die Regeln und dann nimmst du dreimal die Woche am Mannschaftstraining teil.«

Er offnete die Kiste. Darin lagen vier Balle verschiedener Gro?e.

»So«, sagte Wood,»pa? auf, Quidditch ist leicht zu verstehen, auch wenn es nicht leicht zu spielen ist. Jede Mannschaft hat sieben Spieler. Drei von ihnen hei?en Jager.«

»Drei Jager«, wiederholte Harry, und Wood nahm einen hellroten Ball in der Gro?e eines Fu?balls heraus.

»Dieser Ball ist der so genannte Quaffel«, sagte Wood. »Die Jager werfen sich den Quaffel zu und versuchen ihn durch einen der Ringe zu werfen und damit ein Tor zu erzielen. jedes Mal zehn Punkte, wenn der Quaffel durch einen Ring geht. Alles klar so weit?«

»Die Jager spielen mit dem Quaffel und werfen ihn durch die Ringe, um ein Tor zu erzielen«, wiederholte Harry. »Das ist wie Basketball auf Besen mit sechs Korben, oder?«

»Was ist Basketball?«, fragte Wood neugierig.

»Nicht so wichtig«, sagte Harry rasch.

»Nun hat jede Seite noch einen Spieler, der Huter hei?t – ich bin der Huter von Gryffindor. Ich mu? um unsere Ringe herumfliegen und die andere Mannschaft daran hindern, Tore zu erzielen.«

»Drei Jager, ein Huter«, sagte Harry, entschlossen, sich Alles genau zu merken. »Und sie spielen mit dem Quaffel. Gut, hab ich verstanden. Und wozu sind die da?« Er deutete auf die drei Balle, die noch in der Kiste lagen.

»Das zeig ich dir jetzt«, sagte Wood. »Nimm das.«

Er reichte Harry ein kleines Schlagholz, das an einen Baseballschlager erinnerte.

»Ich zeig dir, was die Klatscher tun«, sagte Wood. »Diese beiden hier sind Klatschen«

Er zeigte Harry zwei gleiche Balle, die tiefschwarz und etwas kleiner waren als der rote Quaffel. Harry bemerkte, da? sie den Bandern offenbar entkommen wollten, die sie im Korb festhielten.

»Geh einen Schritt zuruck«, warnte Wood Harry. Er buckte sich und befreite einen der Klatscher.

Der schwarze Ball stieg sofort hoch in die Luft und scho? dann direkt auf Harrys Gesicht zu. Harry schlug mit dem Schlagholz nach ihm, damit er ihm nicht die Nase brach, und der Ball flog im Zickzack hoch in die Luft. Er drehte sich im Kreis um ihre Kopfe und scho? dann auf Wood hinunter, der ihm auswich und es schaffte, ihn mit dem Fu? auf dem Boden festzuhalten.

»Siehst du?«, keuchte Wood und muhte sich damit ab, den Klatscher wieder in den Korb zu zwangen und ihn sicher festzuschnallen. »Die Klatscher schie?en in der Luft herum und versuchen die Spieler von ihren Besen zu sto?en. Deshalb hat jede Mannschaft zwei Treiber – die Weasley-Zwillinge sind unsere -, ihre Aufgabe ist es, die eigene Seite vor den Klatschern zu schutzen und zu versuchen sie auf die gegnerische Mannschaft zu jagen. So, meinst du, du hast alles im Kopf?«

»Drei Jager versuchen mit dem Quaffel Tore zu erzielen; der Huter bewacht die Torpfosten; die Treiber halten die Klatscher von ihrem Team fern«, spulte Harry herunter.

»Sehr gut«, sagte Wood.

»Ahm – haben die Klatscher schon mal jemanden umgebracht?«, fragte Harry, wobei er moglichst lassig klingen wollte.

»In Hogwarts noch nie. Wir hatten ein paar gebrochene Kiefer, doch ansonsten nichts Ernstes. Wir haben noch einen in der Mannschaft, namlich den Sucher. Das bist du. Und du brauchst dich um den Quaffel und die Klatscher nicht zu kummern -«

»Au?er sie spalten mir den Schadel.«

»Mach dir keine Sorgen, die Weasleys sind den Klatschern weit uberlegen – ich will sagen, sie sind wie ein Paar menschlicher Klatschen«

Wood griff in seinen Korb und nahm den vierten und letzten Ball heraus. Er war kleiner als der Quaffel und die Klatscher, so klein etwa wie eine gro?e Walnu?. Er war hellgolden und hatte kleine, flatternde Silberflugel.