Er verlie? die Kajute und rannte leichtfu?ig die Leiter hinauf.

Es war heller, daruber bestand kein Zweifel. Eine Art grauer Schleier lag uber Cape Henry, und er konnte die Stromung querab vom Rumpf gut erkennen.

Er sah die langen Riemen auf jeder Seite uber das Wasser ausschwingen, die Manner unterhielten sich leise, wahrend sie auf einen Befehl von Achtern warteten.

Heyward beruhrte seinen Hut.»Anker ist kurzstag, Sir. «Seine Stimme klang gespannt und sehr vorsichtig.

Bolitho ging von einer Seite zur anderen und beobachtete die Bewegung seines Schiffes, das Krauseln des Wassers unter den Fallreeps.

«Nun, wie fuhlt man sich? Vom Fahnrich zum Ersten Leutnant fast ohne Wartezeit?»

Er horte Heywards Antwort nicht und wu?te, da? er die Frage nur gestellt hatte, um seine eigene Unruhe zu verbergen. Wenn die Manner die Herrschaft uber die Riemen verloren, mu?te er sofort ankern. Und selbst dann konnte er noch zu weit zur Kuste abgetrieben werden.

Von vorn horte er Bethunes Schrei:»Anker los, Sir!«Die Manner vom Ankerspill eilten den Ruderern zu Hilfe. Dann kam Glass' Stimme:»Stutzt Riemen!»

Bolitho krampfte seine Hande ineinander, bis die Finger fast brachen. Warum, in drei Teufels Namen, wartete er so lange? Das Schiff wurde jeden Moment auf Grund laufen.

«Riemen an!»

Die Riemen schwangen vorwarts, tauchten ein und kamen langsam nach achtern.

Hinter sich horte Bolitho, wie das Steuer sanft nachgab, und Buckles leises Fluchen — seine eigene Art, die Spannung zu verarbeiten. Glass hatte recht gehabt, bei diesem ersten Riemenschlag ganz sicherzugehen. Aber es war eine Sache, dies zu wissen, und eine andere, angesichts der Gefahr furs Schiff ruhig zu bleiben.

Hoch und nieder, von vorn nach achtern, knarrten die Riemen geschaftig, aber ohne unnotige Hast, bis Buckle endlich rief:»Steuerung spricht an, Sir!»

«Gut. Steuern Sie Kurs Nord, bitte.»

Heyward zog seinen Rock aus.»Ich gehe und helfe mit, Sir.»

«Gut. Passen Sie auf, da? jeder verfugbare Mann arbeitet. Auch diese Rotrocke, wenn sie die Kraft haben. «Er hielt ihn zuruck, als er zur Leiter laufen wollte.»Ubrigens besteht keine Notwendigkeit, den Soldaten zu erzahlen, da? wir dem Feind entgegen fahren, Mr. Heyward!«Er sah ihn grinsen.»Das werden sie fruh genug erfahren.»

Buckle und ein Matrose standen am Ruder; Bolitho ging schweigend zur Heckreling. Er sah die nachste Landzunge jetzt klarer, das Muster der Wellenkamme am Ufer, wo sie eine kleine Bucht markierten. Ein einsamer Ort. Wenn sich bei Tag herausstellte, da? die Heran verschwunden war, wurden seine Manner seine Handlungsweise in Frage stellen, und dies zu Recht. Wenn aber ihre Gegenwart dem Admiral etwas nutzen sollte, dann mu?ten sie alles erfahren.

Die befreiten Soldaten hatten ihnen viel erzahlt. Aber es konnte sich seit ihrer Festnahme manches geandert haben. Bolitho lachelte grimmig. Er machte sich selbst etwas vor. Wenn nicht die Sorge um Tyrell und die anderen gewesen ware, ware er dann wirklich in der Bucht geblieben?

Er horte Schreie an Deck und jemanden franzosisch sprechen. Heyward war mehr als ein guter Kamerad, er erwies sich als ausgezeichneter Offizier. Ohne weiter zu fragen, und auf das Risiko hin, seinem Kapitan zu mi?fallen, hatte er die franzosischen Gefangenen freigelassen und an die Riemen gesetzt. Da es lauter starke Soldaten waren, die ein verhaltnisma?ig ruhiges Leben als Gefangenenwarter gefuhrt hatten, wurden sie an den schweren Riemen einen kleinen, aber entscheidenden Unterschied machen.

Einige Mowe n erhoben sich argerlich kreischend vom Wasser, wo sie geschlafen hatten, als die Sparrow stetig durch sie hindurchkroch. Die Zeit dehnte sich, und Bolitho sah, da? die Rocke der Soldaten wieder rot waren anstatt schwarz, wie sie in der Dunkelheit ausgesehen hatten. Die Gesichter gewannen Profil, und er konnte unterscheiden, wer der Anstrengung standhielt und wer haufiger ausgewechselt werden mu?te.

Ein dunklerer Schatten ragte vor dem Bug auf und blieb auf Steuerbord sichtbar. Er entschied, da? das die innere Seite von Cape Charles sein mu?te, mit Tyrells Untiefe in einiger Entfernung dahinter.

«Gehen Sie einen Strich hoher, Mr. Buckle. «Er horte das Ruder quietschen.»Wir mussen Kap und Festland auf Backbord lassen. Das Fahrwasser durfte nicht allzutief sein, also immer langsam voran.»

«Aye, Sir. Kurs Nord zu Ost!»

Das Schiff lag jetzt fast direkt im Wind, und Bolitho konnte ihn auf seinem Gesicht fuhlen, das Land und die Frische der Morgenluft riechen. So war es aber sicherer, und er war erleichtert, die Riemen im Einklang eintauchen zu sehen, obwohl die tatsachliche Fahrt wahrscheinlich weniger als einen Knoten betrug.

Er suchte nach dem jungen Fahnrich und rief ihn nach achtern. Er kam keuchend auf dem Achterdeck an, und Bolitho sagte:»Schauen Sie hinuber. Wie nahe sind Ihre Posten?»

Der Soldat spahte durch die Backbordwanten und hob einen Arm.

«Dieses Landstuck wird der Wendepunkt sein. Es gibt eine Menge Sand dort. Wir haben vor einigen Wochen mehrere Barken verloren, als sie auf Grund liefen. Nach etwa einer Meile oder so konnen Sie die Mundung des York River hinter zwei kleinen Inseln sehen.»

Bolitho lachelte.»Ich nehme an, da? Sie uberrascht sind uber die Richtung, in der wir fahren.»

Der Fahnrich zuckte die Schultern.»Ich bin uber Uberraschungen hinaus, Sir. «Er zuckte zusammen.»Ein Signalhorn! Das werden unsere Kameraden sein. «Er umspannte die Reling mit den Handen, sein Gesicht war gespannt. Dann kam ein langgezogener Trompetensto?, der eine Wolke Mowen flugelschlagend und kreischend vom Land aufjagte. Er sagte:»Das sind die Franzosen. Immer eine Minute nach unserem Wecken.»

Bolitho versuchte, ihn aus seiner Stimmung zu rei?en.»Und was machen die Amerikaner?»

Der Offizier seufzte.»Sie haben Kanonen uber dem Flu? stationiert. Die werden beim ersten Morgenlicht anfangen zu feuern. Viel wirkungsvoller als alle verdammten Horner!»

Bolitho wandte sich an Buckle.»Wir werden auf diesem Kurs bleiben, so lange unsere Leute die Kraft dazu haben. Der Wind wird gunstig sein, wenn wir spater halsen, aber ich mochte so weit wie moglich uber den York River hinauskommen.»

Er blickte nach oben und sah zum erstenmal den Masttopstander. Der flappte leise achteraus, zeigte aber kein Auffrischen des Windes an. Wenn er jetzt starker wurde, konnten die Manner den Schlag nicht halten. Sogar mit Tyrells Bootsmannschaften ware es hart gewesen, ohne sie war es unmoglich.

Querab sah er die uberhangende Landspitze von Cape Charles, und weit dahinter, wie einen dunnen goldenen Faden, den Horizont. Er zeigte sich der Sonne, die allmahlich in Sicht kam und See von Himmel, Nacht von Tag trennte.

Es gab einen gedampften Knall, und Sekunden spater sah er die vielsagende wei?e Gischtfontane die Stelle bezeichnen, wo die Kugel in die Bucht geschlagen war.

Der Fahnrich bemerkte ungeruhrt:»Auf diese Distanz werden sie Sie nie erreichen. Sie haben gut eine halbe Meile Spielraum.»

«Wo steht die Batterie?»

Der Soldat betrachtete ihn neugierig.»Uberall, Sir. Uberall in diesem Gebiet stehen Geschutze. Yorktown und die Zugange sind in einen Eisenring gelegt. Und die Armee steht mit dem Rucken zur See. «Plotzlich sah er sehr jung und verletzbar aus.»Nur die Flotte kann uns retten.»

Bolitho stellte sich vor, wie Farrs Heran in aller Eile nach New York fuhr. Selbst dort traf er Hood vielleicht schon nicht mehr an, vielleicht war der bereits nach Newport gefahren, um de Barras aufzuhalten.

Er dachte auch an Odell und dessen einsame Wache mit Lucifer. Wenn die Franzosen durch den wenig benutzten Bahamakanal kamen, wurde er keine Aufforderung brauchen, um Segel zu setzen und schleunigst zu verschwinden.

Er blinzelte, als einen Sonnenstrahl uber das ferne Kap spielte und die Rahen und Spieren honigfarben aufleuchten lie?. Er zog seine Uhr heraus. Mittlerweile sollte Tyrell in Kontakt mit den Wachtposten von Cornwallis gekommen und auf dem Weg zuruck nach Lynnhaven sein. Durch das Ankerlichten und Rudern wurden sie mindestens eine Stunde eher zusammentreffen.