»Wahrlich«, sagte sie mit ihrer honigsanften Stimme, »wir haben hier eine ganz erstaunliche Vielzahl von Talenten erlebt. Wundervolle Zauber von allen Teilnehmern. Wirklich wundervoll.«

Sie lachelte in die Runde, ehrlich, wie es schien. Doch als Max ihren Blick auf sich ruhen spurte, lief ihm ein Schauer uber den Rucken und seine Nackenhaare stellten sich auf.

»Aber es kann nur einenGewinner geben. Der wundervolle Wuchs-und Umkehrzauber des Zauberschulers von Burg Nigror hat mich sehr beeindruckt …«

»Jetzt kommt’s«, raunte Max duster. Doch er lag falsch.

»Und doch wissen wir alle, glaube ich, auch ohne umfassendere magische Kenntnisse, dass die Verwandlung eines Menschen in einen Frosch phanomenal selten ist und nie zuvor beim Zauberer-Nachwuchs-Wettbewerb zu sehen war. Und deshalb uberreiche ich den Pokal an – Max Pendragon!«

Max war sprachlos. Er sah zu Lady Morgana auf. Sie lachelte zu ihm herab und diesmal schienen ihre Augen vor Warme und Anerkennung zu strahlen. Sogar ihre Ahnlichkeit mit Konig Artus fiel ihm auf, als sie ihm den goldenen Pokal entgegenstreckte.

Ihre Verwandlung verbluffte ihn so sehr, dass er nicht mehr als ein Stammeln hervorbrachte, als das Publikum ihm zujubelte und Sir Bertram mit den Fu?en trampelte. Er sah zu Olivia hinuber, die offenbar ebenso verblufft war wie er selbst. Doch seine Schwester musterte Morgana aus zusammengekniffenen Augen. Sie misstraute ihr nach wie vor.

Lady Morgana nahm Max’ Hand, riss seinen Arm in die Hohe und gebot dem Publikum zu schweigen.

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»Dieses Jahr mochte ich als Jurorin einen Sonderpreis verleihen«, verkundete sie mit uberwaltigender Freundlichkeit. »Max Pendragon, der verdiente Sieger, darf sechs Wochen in meiner Sommerschule fur Zauberer auf Burg Gore verbringen. Er wird mein Ehrengast sein. Es wird mir gro?e Freude bereiten, diesen talentierten jungen Mann personlich zu unterrichten und ihm einige meiner interessantesten Zaubertranke zu zeigen.« Lachelnd sah sie ins Publikum, das begeistert klatschte.

Nur Merlin, im Hintergrund, sah nachdenklich aus.

Max hielt seinen Pokal fest umklammert. Schon kamen Sir Bertram und Lady Griselda uber die Burgwiese gelaufen, und er war immer noch ziemlich durcheinander. Seine Eltern lachelten und dann nahm Lady Griselda Max fest in den Arm.

»Max, mein Schatz!«, sagte sie. »Das hast du gro?artig gemacht! Allem Anschein nach bist du nicht zum Ritter, sondern zum Zauberer geboren!«

Fragend sah Max seinen Vater an, der zu seiner Uberraschung heftig nickte.

»Allerdings!«, drohnte Sir Bertram. »Verdammt beeindruckender Zauber. Hat alle richtig von den Stuhlen gehauen! Frosch – Ratte – Olivia! Obwohl – der Teil in der Mitte hat mir einen kleinen Schrecken eingejagt. Dachte schon, ich wurde als Vater einer Ratte enden, was, Olivia?« Er lachte herzhaft, wahrend Max versuchte, so auszusehen, als ware das alles genauso geplant gewesen. »Die Sache ist, Max, Lady Morgana le Fay ist eine sehr machtige Zauberin, die einen guten Zauber erkennt, wenn sie einen sieht. Also – auch wenn du einen ordentlichen Aufwartshaken hast …« Fur einen Augenblick mischte sich Wehmut in seine Stimme. »… sieht es danach aus, dass du besser eine Zaubererlehre machen solltest, mein Junge!«

Olivia jubelte und fiel Max um den Hals. »Du hast es geschafft, Max – du wirst ein Zauberer! Und ich werde jetzt ein Ritter!«

»Ah, also … Augenblick! Augenblick!«, sagte Sir Bertram schnell. »Zunachst einmal konnen Madchen gar keine Ritter werden. Und dann ware da noch etwas. Eine Aufgabe fur Max. Bevor die Entscheidung endgultig ist.«

Max rutschte das Herz in die Hose. Ihn beschlich eine furchterliche Ahnung.

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»Wir wollen einfach ganz sicher gehen, dass wir auch die richtige Entscheidung treffen, Max«, sagte Lady Griselda. »Und dazu ist ein bisschen mehr notig als ein einziger guter Zauber. Lady Morganas Angebot ist eine erstklassige Gelegenheit – ihre Sommerschule fur Zauberer ist im ganzen Konigreich beruhmt. Solltest du also mit einem guten Zeugnis von dort zuruckkommen, werden wir jemanden suchen, der dich als Lehrling nimmt.«

»Wie man ein Schwert schwingt, musst du naturlich trotzdem lernen«, fugte Sir Bertram hinzu und tatschelte Max’ Schulter. »Man wei? ja nie, wann man es brauchen kann.«

Max tauschte einen Blick mit Olivia und zog eine Grimasse. Schwerter zu schwingen, konnte sich nur allzu bald als nutzlich erweisen, dachte er. Sechs Wochen in Burg Gore, bei einer gefahrlichen Zauberin, die ihn vermutlich am liebsten tot sahe.

Max und Olivia lagen am Ufer des Burggrabens im Gras und genossen die Abendsonne. Die Vogel zwitscherten frohlich, die Forellen im Graben schnappten trage nach den Fliegen, die uber der Wasseroberflache schwebten, und der Duft der Festvorbereitungen im Burghof stieg den Geschwistern in die Nase.

Es war ein glorreicher Tag gewesen.

Max hatte gerade den Zauberer-Nachwuchs-Wettbewerb gewonnen und die Halfte von zwanzig Goldmunzen obendrein. Er hatte im siebten Himmel schweben konnen. Blo? war da leider noch die Sache mit Lady Morgana und der Sommerschule, die er in ihrer Gesellschaft erst einmal heil uberstehen musste.

Max kaute auf einem Grashalm herum. »Glaubst du, sie ist wirklich so bose?«, fragte er Olivia. »Ich fand sie sogar irgendwie nett, als sie mich zur Sommerschule eingeladen hat. Und der Konig vertraut ihr.«

Olivia schnaubte. »Machst du Witze? Die spielt doch blo? Theater. Bevor die aufhort bose zu sein, verzichtet ein Hecht auf kleine Frosche.«

Max seufzte. Genau genommen sah er es genauso. Jedes Mal, wenn er an die Sommerschule dachte, bekam er Angst und kalte Schauer liefen ihm uber den Rucken.

»Glaub blo? nicht, dass die sich andern konnte«, sagte Olivia entschieden. »Sie fuhrt etwas im Schilde, Max, sieh es ein. Was du in Gore brauchen wirst, sind ein paar Leute, denen du vertrauen kannst. Verbundete. Irgendwie mussen wir es hinkriegen, dass ich, Adolphus und Grimm mitkommen.«

Max setzte sich auf.

»Echt? Das wurdet ihr tun?«

»Na klar komme ich mit«, sagte Grimm sauerlich. »Wei? gar nicht, wie du darauf kommst, ich konnte da fehlen. Du kennst mich doch – stets willens, der guten Sache ein paar Barthaare zu opfern. Bereit, der bosartigsten Zauberin der Welt zu trotzen. Wenn sie irgendwas Ubles plant, bei? ich ihr einfach die Zehen ab …«

Max uberlegte. Grimm in seiner Tunika oder der Satteltasche zu verstecken, ware leicht. Aber Olivia und Adolphus?

»Das klappt nie«, seufzte er. »Papa wurde euch nie gehen lassen.«

»Papa«, sagte Olivia mit einem Ausdruck au?erster Entschlossenheit, »wird nichts dagegen tun konnen. Ich komme mit, Max. Ob es dir passt oder nicht. Gewohn dich also schon mal an den Gedanken!«

Max musterte seine kleine Schwester. So aussichtslos es auch scheinen mochte, dachte er, wahrscheinlich wurde es ihr sogar gelingen. Er grinste und fuhlte sich plotzlich viel besser.

»Und vergiss nicht«, sagte Olivia, »wir haben immer noch den Froschzauber. Wir konnen uns in Frosche verwandeln, wann immer wir wollen. Oder – hey! – in Ratten. Oder in Drachen, wenn uns ein Kuss von Adolphus nichts ausmacht!«

»Au ja!«, rief Adolphus frohlich dazwischen. »Bitte, kann ich auch ein Drache sein?«

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»Du bist ein Drache, Erbsenhirn«, stellte Grimm fest. »Lasst uns Adolphus bitte keine wichtige Aufgabe ubertragen, ja? Sonst enden wir alle im Ententeich.«

Max grinste und legte sich wieder in die Sonne. Vielleicht wurde der Sommer sogar ganz lustig werden, dachte er. Irgendwie wurde er Gore schon uberstehen. Und dann, wenn er zuruckkame, wurde er endlich richtige Zauberstunden kriegen. Er wurde nie lernen mussen, wie man kampft. War das nicht toll? Und dann war da ja auch noch die Sache mit Adrian Hogsbottom. Der sa? jetzt in den nordlichen Sumpfen fest, wahrscheinlich knietief in Matsch und Modder. Und das alles, weil Max zufallig den Froschzauber entdeckt hatte! Mal ehrlich, was hatte ihm Besseres passieren konnen?