Sogleich begannen seine Eingeweide sich zu winden, als ob er lebende Schlangen geschluckt hatte – zusammengekrummt fragte er sich, ob er sich ubergeben wurde -, dann breitete sich ein Brennen von seinem Magen rasch bis in seine Fingerspitzen und Zehen aus – als Nachstes, er lag nun keuchend auf allen Vieren, kam ein furchterliches Gefuhl, als ob er schmelze, und die Haut an seinem Korper blahte sich wie hei?es Wachs – vor seinen Augen begannen seine Hande zu wachsen, die Finger verdickten sich, die Nagel wurden breiter, die Knochel traten hervor wie Bolzen -seine Schultern dehnten sich schmerzhaft und ein Prickeln auf seiner Stirn sagte ihm, da? sein Haar bis zu seinen Augenbrauen hinunterkroch – sein Umhang zerriss, als seine Brust sich ausdehnte wie ein Fass, das seine Reifen sprengte -seine Fu?e qualten sich in Schuhen, die vier Nummern zu klein waren -

So schnell es begonnen hatte, horte es auch wieder auf. Harry lag mit dem Gesicht nach unten auf dem steinkalten Boden und horte Myrte im hinteren Klo verdrie?lich gurgeln. Muhsam zog er sich die Schuhe aus und stand auf So fuhlte es sich also an, wenn man Goyle war. Mit seiner gro?en zitternden Hand warf er den Umhang ab, der einen halben Meter uber seinen Knocheln hing, zog den anderen an und schlupfte in Goyles bootgro?e Schuhe. Er hob die Hand, um sich das Haar vor den Augen wegzuwischen, traf aber nur den kurzen drahtigen Stoppelwuchs tief auf seiner Stirn. Dann erkannte er, da? seine Brille ihm den Blick vernebelte, weil Goyle sie offenbar nicht brauchte – er nahm sie ab und rief:

»Seid ihr okay?«Goyles leise Raspelstimme drang aus seinem Mund.

»ja«, horte er Crabbes tiefes Grunzen zu seiner Rechten.

Harry offnete seine Tur und trat vor den zerbrochenen Spiegel. Aus dumpfen, tief liegenden Augen starrte ihn Goyle an. Harry kratzte sich am Ohr. Goyle tat es ihm gleich.

Rons Tur ging auf Sie starrten sich an. Ron sah bla? und entsetzt aus, war aber sonst von Crabbe nicht zu unterscheiden, vom puddingformigen Haarschnitt bis zu den langen Gorillaarmen.

»Das ist unglaublich«, sagte Ron. Er trat vor den Spiegel und tippte sich gegen Crabbes platte Nase.»Unglaublich.«

»Wir sollten uns beeilen«, sagte Harry und lockerte sein Uhrband, das tief in Goyles Handgelenk schnitt.»Wir mussen erst noch rauskriegen, wo der Gemeinschaftsraum der Slytherins ist. Hoffentlich finden wir jemanden, dem wir folgen konnen.«

Ron, der Harry sprachlos angestarrt hatte, sagte:»Du ahnst nicht, wie seltsam es aussieht, Goyle denken zu sehen.«Er klopfte gegen Hermines Tur.»Komm schon, wir mussen gehen -«

Eine schrille Stimme antwortete.

»Ich – ich glaube, ich geh doch nicht mit. Ihr konnt doch ohne mich gehen.«

»Hermine, wir wissen, da? Millicent Bulstrode ha?lich ist, es wei? doch keiner, da? du es bist -«

»Nein – im Ernst – ich geh lieber nicht mit – beeilt euch, ihr beiden, ihr vertrodelt die Zeit -«

Harry sah Ron verwirrt an.

jetzt siehst du eher nach Goyle aus«, sagte Ron.»So guckt er immer, wenn ein Lehrer ihn was fragt.«

»Hermine, alles in Ordnung mit dir?«, rief Harry durch die Tur.

»Ja – mir geht's gut – los, geht schon -«

Harry sah auf die Uhr. Von ihren wertvollen sechzig Minuten waren funf schon verstrichen.

»Wir treffen uns wieder hier, horst du?«, sagte er.

Harry und Ron offneten vorsichtig die Tur zum Gang, pruften, ob die Luft rein war, und machten sich auf den Weg.

»Schwing die Arme nicht so durch die Luft«, murmelte Harry Ron zu.

»Was?«

»Crabbe halt sie irgendwie steif…«

»So vielleicht?«

Ja, schon besser…«

Sie stiegen die Marmortreppe hinunter. Was sie jetzt unbedingt brauchten, war ein Slytherin, dem sie in seinen Gemeinschaftsraum folgen konnten. Doch keiner war unterwegs.

»Hast du eine Idee?«, murmelte Harry.

»Die Slytherins kommen zum Fruhstuck immer von dort«, sagte Ron und nickte zum Eingang der Kerker hinuber. Kaum hatte er den Mund zugemacht, kam auch schon ein Madchen mit langem Lockenhaar aus der Tur.

Ron hastete auf sie zu.»Verzeihung«, sagte er,»wir haben vergessen, wie wir in unseren Gemeinschaftsraum kommen.«

»Wie bitte?«, sagte das Madchen steif.»Unseren Gemeinschaftsraum? Ich bin eine Ravenclaw.«

Mi?trauisch blickte sie uber die Schulter und ging davon.

Harry und Ron rannten die steinernen Stufen hinunter in die Dunkelheit, und ihre Tritte hallten besonders laut wider, denn es waren Crabbes und Goyles Fu?e, die auf die Steine krachten. Sie hatten das Gefuhl, es wurde doch nicht so einfach werden, wie sie gehofft hatten.

Die labyrinthischen Gange waren menschenleer. Immer weiter drangen sie hinunter in die Tiefen unter der Schule, und mit raschen Blicken auf ihre Uhren pruften sie, wie viel Zeit ihnen noch blieb. Eine Viertelstunde war vergangen und schon kroch die Verzweiflung in ihnen hoch, da horten sie plotzlich, wie sich vor ihnen etwas bewegte.

»Ha!«, sagte Ron aufgeregt.»Da ist endlich einer von ihnen!«

Die Gestalt kam aus einem Nebenzimmer. Sie rannten auf sie zu, doch das Herz sank ihnen in die Hosentasche. Es war kein Slytherin, es war Percy.

»Was machst du denn hier?«, sagte Ron uberrascht.

Percy sah beleidigt aus.

»Das«, sagte er steif,»geht dich nichts an. Du bist Crabbe, nicht wahr?«

»Wa… – o ja«, sagte Ron.

»Nun – schleicht euch in den Schlafsaal«, sagte Percy streng.»Zur Zeit ist es keine gute Idee, in dunklen Gangen herumzustreunen.«

»Das tust du gerade«, ermahnte ihn Ron.

»Ich«, sagte Percy und richtete sich auf,»ich bin Vertrauensschuler. Mich greift niemand an.«

Plotzlich ertonte eine Stimme hinter Harry und Ron. Draco Malfoy stolzierte auf sie zu, und zum ersten Mal in seinem Leben freute sich Harry, ihn zu sehen.

»Da seid ihr ja«, raunzte er und sah sie an.»Habt ihr beiden die ganze Zeit in der Gro?en Halle rumgefuttert? Ich hab euch gesucht, ich mu? euch was zeigen, da lacht ihr euch tot.«

Malfoy warf Percy einen vernichtenden Blick zu.

»Und was machst du eigentlich hier unten, Weasley«, hohnte er.

Percy war au?er sich.

»Etwas mehr Respekt vor einem Vertrauensschuler, bitte!«, sagte er.»Deine Haltung gefallt mir nicht!«

Malfoy grinste hamisch und wies Harry und Ron mit einer Handbewegung an, ihm zu folgen. Harry hatte Percy beinahe ein entschuldigendes Wort zugerufen, fing sich jedoch gerade noch rechtzeitig. Er und Ron eilten Malfoy nach.

»Dieser Peter Weasley -«, sagte Malfoy, als sie in den nachsten Durchgang eingebogen waren.

»Percy«, korrigierte ihn Ron wie von selbst.

»Wie auch immer«, sagte Malfoy.»Ich seh ihn in letzter Zeit viel herumschleichen. Und ich wette, ich wei?, was er vorhat. Er glaubt, er konnte den Erben von Slytherin ganz alleine fassen.«

Er gab ein kurzes, abfalliges Lachen von sich. Harry und Ron tauschten aufgeregte Blicke.

Malfoy hielt vor einer nackten, feuchten Steinwand an.

»Wie war noch mal das neue Passwort?«, sagte er zu Harry.

»Ahm -«, sagte Harry.

»Ach ja – Reinbluter!«, sagte Malfoy achtlos, und eine in der Wand versteckte steinerne Tur glitt auf Malfoy schritt hindurch und Harry und Ron folgten ihm.

Der Gemeinschaftsraum der Slytherins war ein lang gezogenes unterirdisches Verlies mit rohen Steinwanden. Grunliche Kugellampen hingen an Ketten von der Decke. Ein Feuer prasselte unter einem kunstvoll gemei?elten Kaminsims vor ihnen, und im Umkreis des Feuers erkannten sie die Silhouetten mehrerer Slytherins, die in hohen Lehnstuhlen sa?en.

»Wartet hier«, sagte Malfoy zu Harry und Ron und deutete auf ein Paar freier Stuhle, die etwas entfernt vom Kamin standen.»Ich geh und hol es – mein Vater hat es mir gerade geschickt -«

Neugierig, was Malfoy ihnen zeigen wurde, setzten sich Harry und Ron auf die Stuhle und taten ihr Bestes, um den Eindruck zu erwecken, sie fuhlten sich wie zu Hause.