Browne spurte, da? Searle ihn auf eine Gruppe wartender Seeleute zuschob, und merkte zu seinem eigenen Erstaunen, da? er gleichzeitig schluchzte und lachte.»Ich bin als letzter von Bord gegangen«, schrie er.»Besser einmal Kommandant als nie!»
Dann wurde er grob uber eine harte Kante gezerrt und der Lange nach an Deck ausgestreckt. Ein Schatten fiel auf sein Gesicht, und er sah Pascoe sich uber ihn beugen.
Browne stie? muhsam hervor:»Wieso seid ihr hier?»
Pascoe lachelte melancholisch.»Weil mein Onkel das so eingerichtet hat, Oliver.»
Brownes Kopf sank zuruck auf die Decksplanken, er schlo? die Augen.»Wahnsinn!»
«Haben Sie nicht gewu?t«, Pascoe winkte einige Seeleute heran,»da? er bei uns erblich ist?»
XIV Auf den Sieg!
Mit verschrankten Armen sah Bolitho zu, wie sein Flaggleutnant ein zweites Glas Brandy hinuntersturzte.
Grinsend sagte Herrick:»Das hatte er notig, Sir.»
Browne stellte das Glas zuruck und sah Ozzard wie einen Tanzer herbeischwanzeln, um es wieder aufzufullen. Dann musterte er seine Hande, erstaunt, da? sie nicht zitterten, und sagte:»Es gab Momente, Sir, da glaubte ich, meine Fahigkeiten falsch eingeschatzt zu haben.»
«Sie haben sich gut gehalten.»
Bolitho erinnerte sich an seine Empfindungen, als ihm das Signal von Phalarope gemeldet worden war: Fischkutter gesunken, alle Insassen bis auf drei geborgen.
Jetzt trat er zum Tisch und legte die gespreizten Hande um das entscheidende Dreieck auf der Seekarte. Also hatte Remonds Geschwader den Hafen verlassen. Schlie?lich mu?te er damit rechnen, da? es fruher oder spater entdeckt wurde. Offenbar wollten die Franzosen ihre Invasionsflotte vor dem Einsetzen der ersten Herbststurme nach Norden verlegen, an Englands Gegenkuste am Kanal. Ihre Anwesenheit mu?te die Position Frankreichs bei den laufenden Verhandlungen enorm starken, besonders wenn man die stets kursierenden Invasionsgeruchte berucksichtigte.
Mit muder Stimme sagte Browne:»Mr. Searle von Rapid hat das meiste getan, Sir. Ohne ihn…»
«Ich sorge dafur, da? seine Rolle in meinem Bericht gebuhrend erwahnt wird. «Bolitho mu?te lacheln.»Aber die eigentliche
Uberraschung waren Sie. «Er grinste zu Herrick hinuber.»Besonders fur gewisse Leute.»
Herrick zuckte die Achseln.»Also, Sir, jetzt wissen wir, da? der Feind ausgelaufen ist. Wie reagieren wir? Mit Angriff oder mit Blockade?«Bolitho marschierte in der Kajute auf und ab. Das Schiff lag jetzt am Abend ruhiger, er sah den goldenen Sonnenuntergang als Spiegelbild auf den salzverkrusteten Heckfenstern. Alles schien ihn zur Eile zu drangen.
«Morgen vormittag rufe ich die Kommandanten zur Lagebesprechung zusammen, Thomas. Ich darf nicht langer warten.»
Stirnrunzelnd horte er Stimmen im Vorraum und sah, wie Yovell den Kopf durch die Tur steckte. Es war doch unmoglich, auf einem Flaggschiff ungestort zu bleiben!
Sein Sekretar entschuldigte sich fur die Storung.»Aber der Offizier der Wache la?t melden, da? eine Kurierbrigg gesichtet wurde. Indomitable hat schon Signalkontakt.»
Bolitho blickte wieder auf die Seekarte nieder. Mit Benbow konnte die Brigg erst bei Tageslicht am nachsten Morgen in Kontakt kommen. Immer starker wuchs in ihm das Gefuhl, da? ihm Entscheidungen aufgedrangt wurden.
«Danke, Yovell. «Und an Herrick gewandt:»Ich glaube, da? das franzosische Geschwader sich an seinem Ankerplatz in Bereitschaft halt. Sobald die Landungsboote erst von Lorient und den anderen Hafen an der Kuste auslaufen, wird man Remond uber unsere Absichten informieren, und zwar durch die optischen Telegraphen. Er kann sich bedeckt halten und seine Starke erst dann zeigen, wenn er wei?, was ich beabsichtige.»
Verbittert meinte Herrick:»Der Verteidiger ist immer im Vorteil.»
Nachdenklich sah Bolitho ihn an. Herrick wurde ihm notfalls bis in den Tod folgen, aber ganz offensichtlich war er gegen einen Angriff. Zugegeben, der franzosische Admiral hatte den unschatzbaren Vorteil, auf dem entscheidenden Kustenabschnitt uber ein gut funktionierendes Nachrichtensystem zu verfugen. Sobald sich das britische Geschwader zum Angriff entschlo?, konnte Remond aus Lorient, aus Brest oder sonstwoher Unterstutzung anfordern, wahrend er selbst sich auf Benbow und ihre Begleitschiffe sturzte.
Und genauso sicher war Bolitho, da? die unerwartete Kurierbrigg neue Befehle an Bord hatte. Die den Angriff vielleicht verhindern wurden, ehe er begonnen hatte. Und das alles nur zu dem Zweck, die Demutigung einer eventuellen Niederlage zu umgehen, wahrend irgendwo Geheimverhandlungen liefen.
Laut sagte er, ohne da? es ihm selbst bewu?t wurde:»Schlie?lich hat niemand sie gezwungen, diesen Krieg zu fuhren. Aber jetzt sollte ihnen jemand Rason beibringen!»
Auch Herrick hatte offenbar uber die Kurierbrigg nachgedacht.
«Wenn der Angriff abgeblasen wird, wenn wir sogar zuruckgerufen werden, Sir, dann ersparen wir uns eine Menge. «Dickkopfig fuhr er fort:»Gerechtigkeit und Ehre sind keine Fremdworter fur mich, Sir. Aber mir ist auch klar, da? Ihre Lordschaften nur zweckdienlich denken.»
An Herrick vorbei sah Bolitho zu den Heckfenstern hin und bemerkte, da? der gluhende Reflex des Sonnenuntergangs erloschen war.
«Das Kommandantentreffen findet wie geplant statt. Dann — «, er lie? Herrick nicht aus den Augen — ,»dann setze ich meine Flagge auf Odin.«Von Herricks Auffahren, seinem unglaubigen Gesicht lie? er sich nicht storen.»Langsam, Thomas. Denken Sie erst nach, ehe Sie protestieren. Odin ist das leichteste Linienschiff im Geschwader, sie hat nur 64 Kanonen. Denken Sie daran, da? Nelson bei Kopenhagen von der St. George auf die Elephant uberwechselte, weil sie kleiner war und geringeren Tiefgang hatte. Fur Aktionen in Kustennahe ist letzteres entscheidend. Beim bevorstehenden Angriff werde ich Nelsons Beispiel folgen.»
Herrick erhob sich, wahrend Browne erschopft sitzenblieb; sein Blick war von Mudigkeit und zuviel Brandy getrubt, als er die anderen beiden musterte.
Herrick konnte nicht langer an sich halten.»Das hat gar nichts damit zu tun. Bei allem Respekt, Sir — aber ich kenne Sie schon sehr lange und durchschaue Ihren Plan: Sie wollen, da? mein
Kommodorewimpel auf der Benbow weht, wenn wir ins Gefecht ziehen, so da? im Fall einer Niederlage nicht mich die Verantwortung trifft, sondern Sie! Genauso haben Sie Phalarope befohlen, in Kustennahe zu bleiben, damit dem Fischkutter nichts passierte.»
«Ja, Thomas, und es erwies sich auch als notwendig.»
Herrick gab nicht nach.»Aber das war nicht der wahre Grund, Sir! Sie taten es, um Emes noch mal eine Chance zu geben.»
Bolitho blieb gelassen.»Auf jeden Fall ist Odin das geeignetere Schiff, und damit Schlu?! Jetzt setzen Sie sich wieder und trinken Sie aus, Mann. Au?erdem mu? ich das Geschwader aufteilen. Nur so konnen wir auch den Feind dazu bringen, sich zu zersplittern. «Er zogerte, weil er wu?te, was er Herrick damit antat, aber es ging nicht anders.
Undeutlich murmelte Browne:»Das Gefangnis.»
Beide sahen ihn an, und Bolitho fragte:»Was ist damit?»
Browne erhob sich halb, sank aber wieder zuruck.»Erinnern Sie sich, Sir? An unseren Spaziergang vor den Mauern. Die Franzosen hatten auf der Kirche einen Semaphor installiert.»
«Wollen Sie hinfahren und fur unseren Sieg beten?«fragte Herrick wutend.
Browne schien ihn nicht gehort zu haben.»Wir kamen zu dem Schlu?, da? er die letzte Station in der Telegraphenkette sudlich der Loire war. «Er wollte mit der Faust auf den Tisch schlagen, zielte aber daneben.»Wenn er zerstort wird, ist das entscheidende Glied der Kette zerbrochen.»
Ruhig sagte Bolitho:»Das wei? ich. Ursprunglich hatte ich das auch vor. Aber es ist uberholt. «Voll Zuneigung musterte er seinen Adjutanten.»Warum legen Sie sich nicht hin, Oliver? Sie mussen total erschopft sein.»