Dann… vor vier Jahren… schien meine Ruckkehr greifbar nahe zu sein. Ein Zauberer – jung, toricht und leichtglaubig – lief mir in dem Wald, in dem ich hauste, uber den Weg. Oh, er schien genau die Chance zu bieten, von der ich getraumt hatte… denn er war ein Lehrer an Dumbledores Schule… es war ein Leichtes, ihn meinem Willen zu unterwerfen… er brachte mich zuruck in dieses Land, und nach einiger Zeit nahm ich von seinem Korper Besitz, um ihn streng zu uberwachen, wenn er meine Befehle ausfuhrte. Doch mein Plan scheiterte. Es gelang mir nicht, den Stein der Weisen zu stehlen. Ich sollte mir nicht das ewige Lebensichern konnen. Mein Vorhaben wurde durchkreuzt… abermals durchkreuzt von Harry Potter…«

Wieder trat Stille ein; nichts regte sich, nicht einmal die Blatter der Eibe. Die Todesser standen vollkommen reglos da, die glitzernden Augen unter ihren Masken wie gebannt auf Voldemort und Harry gerichtet.

»Der Diener starb, als ich seinen Korper verlie?, und ich blieb so schwach wie zuvor«, fuhr Voldemort fort.»Ich kehrte in mein fernes Versteck zuruck, und ich will euch nicht verhehlen, da? ich damals furchtete, meine Krafte fur immer verloren zu haben… ja, dies war meine dunkelste Stunde… ich konnte nicht hoffen, da? mir jemals wieder ein Zauberer begegnen wurde, von dem ich Besitz ergreifen konnte… und ich hatte nun die Hoffnung aufgegeben, da? irgendeiner der Todesser sich darum kummerte, was aus mir geworden war…«

Einige der maskierten Zauberer regten sich voll Unbehagen, doch Voldemort achtete nicht auf sie.

»Und dann, es ist noch kein Jahr her, als ich die Hoffnung fast aufgegeben hatte, geschah es endlich… ein Diener kehrte zu mir zuruck: Wurmschwanz hier, der seinen eigenen Tod vorgetauscht hatte, um einer Strafe zu entgehen, wurde aus seinem Versteck getrieben von jenen, die er einst zu seinen Freunden gezahlt hatte, und er beschlo? zu seinem Herrn zuruckzukehren. Er suchte mich in dem Land, wo ich mich, wie das Gerucht schon lange ging, versteckt hatte… wobei ihm naturlich die Ratten, die er unterwegs traf, tatkraftig halfen. Wurmschwanz hat eine seltsame Neigung zu Ratten, nicht wahr, Wurmschwanz? Seine schmutzigen kleinen Freunde erzahlten ihm, es gebe einen Ort, tief in einem Wald Albaniens, den sie mieden, wo kleine Tiere wie sie selbst den Tod gefunden hatten durch einen dunklen Schatten, der von ihnen Besitz ergriff…

Doch seine Reise zu mir verlief nicht so glatt, oder, Wurmschwanz? Denn eines Nachts, am Rande des Waldes, in dem er hoffte mich zu finden, betrat er, Dummkopf, der er war, mit knurrendem Magen ein Gasthaus, um etwas zu essen… und dort traf er ausgerechnet Bertha Jorkins, eine Hexe aus dem Zaubereiministerium!

Nun seht, wie das Schicksal Lord Voldemort begunstigt. Dies hatte durchaus das Ende von Wurmschwanz bedeuten konnen und meiner letzten Hoffnung, wieder zu erstarken. Doch Wurmschwanz – und hier bewies er eine Geistesgegenwart, die ich ihm nie zugetraut hatte – uberredete Bertha Jorkins, ihn auf einem nachtlichen Spazier gang zu begleiten. Er uberwaltigte sie… er brachte sie zu mir. Und Bertha Jorkins, die alles hatte ruinieren konnen, erwies sich vielmehr als ein Geschenk, das ich mir nie ertraumt hatte… denn sie wurde fur mich – mit ein klein wenig Nachhilfe – eine wahre Goldgrube an nutzlichem Wissen.

Sie sagte mir, da? in diesem Jahr das Trimagische Turnier in Hogwarts stattfinden solle. Sie kenne einen treuen Todesser, der bereit ware, mir zu helfen, wenn ich nur Verbindung mit ihm aufnehmen konnte. Sie erzahlte mir vieles… doch die Mittel, die ich gebrauchte, um den Gedachtnis-'zauber, dem sie unterlag, zu brechen, waren sehr drastisch, und als ich ihr alle nutzlichen Informationen abgepre?t hatte, waren ihr Korper und ihr Geist unrettbar beschadigt. Sie hatte nun ihren Zweck erfullt. Ich konnte nicht von ihr Besitz ergreifen. Ich beseitigte sie.«

Voldemort lachelte sein schreckliches Lacheln, die Augen rot und mitleidlos.

»Wurmschwanz' Korper war naturlich ebenfalls nicht geeignet, in Besitz genommen zu werden, da alle ihn fur tot hielten und er zu viel Aufmerksamkeit erregen wurde, wenn man ihn sahe. Jedoch war er der korperlich gesunde Diener, den ich brauchte, und obzwar ein schlechter Zauberer, doch in der Lage, meine Anweisungen auszufuhren, die mir einen elementaren, ganz schwachen eigenen Korper verschaffen sollten, einen Korper, den ich bewohnen konnte, wahrend ich auf die entscheidenden Zutaten fur meine wahre Wiedergeburt wartete… ein oder zwei Zauber, die ich selbst erfunden habe… ein wenig Hilfe von meiner lieben Nagini«- Voldemorts rote Augen senkten sich auf die sich standig im Kreis windende Schlange -»ein Elixier, gebraut aus Einhornblut und dem Schlangengift, das Nagini mir gab… bald gewann ich eine fast menschliche Gestalt zuruck und war kraftig genug, um zu reisen.

Ich konnte nicht mehr hoffen, des Steins der Weisen habhaft zu werden, denn ich wu?te, da? Dumbledore dafur gesorgt hatte, da? er zerstort wurde. Doch mir sollte zunachst einmal das sterbliche Leben genugen, bevor ich mich auf die Jagd nach dem unsterblichen begab. Ich wollte mich beschranken… ich wollte mich mit meinem alten Korper abfinden, und meiner alten Kraft.

Damit dies gelingen wurde – dieses alte Kunststuck schwarzer Magie, dies Elixier, das mich heute wieder belebt hat -, brauchte ich drei machtvolle Zutaten. Nun, eine davon war bereits zur Hand, nicht wahr, Wurmschwanz? Fleisch, dargeboten von einem Diener…

Knochen von meinem Vater bedeutete naturlich, da? wir hierher kommen mu?ten, wo er begraben war. Doch das Blut eines Feindes… Wurmschwanz wollte, da? ich irgendeinen Zauberer nehme, nicht wahr, Wurmschwanz? Irgendeinen Zauberer, der mich ha?te… wie es noch immer so viele tun. Doch ich kannte jenen, den ich brauchte, wenn ich wieder aufsteigen wollte, machtiger werden wollte als vor meinem Sturz. Ich wollte Harry Potters Blut. Ich wollte das Blut dessen, der mich vor vierzehn Jahren meiner Macht beraubt hatte, denn dann wurde jener dauerhafte Schutz, den ihm seine Mutter geschenkt hatte, auch in meinen Adern flie?en…

Doch wie an Harry Potter herankommen? Denn er war besser geschutzt, als er selbst wohl wu?te, geschutzt auf vielerlei Weise, wie es Dumbledore vor langer Zeit schon geplant hatte, als ihm die Pflicht zufiel, fur die Zukunft des Jungen zu sorgen. Dumbledore rief einen alten Zauber auf, um den Jungen zu schutzen, solange er in der Obhut seiner Verwandten ist. Nicht einmal ich kann ihm dort etwas anhaben… dann, naturlich, gab es die Quidditch-Weltmeisterschaft… ich glaubte, sein Schutz ware dort, fern von seinen Verwandten und Dumbledore, schwacher, doch ich war noch nicht stark genug, um eine Entfuhrung aus der Mitte einer Horde von Ministeriumszauberern wagen zu konnen. Und danach wurde der Junge nach Hogwarts zuruckkehren, wo er sich von morgens bis nachts unter der krummen Nase dieses Muggel liebenden Narren befindet. Wie also konnte es mir gelingen?

Nun… naturlich indem ich nutzte, was Bertha Jorkins mir gesagt hatte. Ich mu?te meinen getreuen Todesser, postiert in Hogwarts, in Dienst nehmen und dafur sorgen, da? der Name des Jungen in den Feuerkelch geworfen wurde. Mein Todesser mu?te gewahrleisten, da? der Junge das Turnier gewann – da? er als Erster den Trimagischen Pokal beruhrte – den Pokal, den mein Todesser in einen Portschlussel verwandelt hatte. Der Portschlussel wurde ihn hierher bringen, wo Dumbledore ihm nicht mehr helfen, wo er ihn nicht mehr schutzen konnte, hierher in meine wartenden Arme. Und hier ist er…«

Voldemort trat langsam vor und wandte das Gesicht Harry zu. Er hob den Zauberstab.»Crucio!«

Es war ein Schmerz, der alles ubertraf, was Harry je erlitten hatte; seine Knochen standen buchstablich in Flammen; sein Kopf, furchtete er, wurde jeden Moment entlang der Narbe aufplatzen; die Augen uberschlugen sich in seinem Kopf, er wollte, da? es aufhorte… ohnmachtig werden… sterben…

Und dann war es vorbei. Er hing matt in den Seilen, die ihn an den Grabstein von Voldemorts Vater fesselten, und sah durch eine Art Nebel hoch in jene hellroten Augen. Das Gelachter der Todesser drohnte durch die Nacht.