»Was heckt ihr beiden da wieder aus?«, sagte Mrs Weasley streng und sah ihre Zwillinge scharf an.

»Hausaufgaben«, murmelte Fred.

»Mach keine Witze, ihr habt doch noch Ferien«, sagte Mrs Weasley.

»Ja, wir sind ein wenig spat dran«, sagte George.

»Ihr setzt nicht zufallig ein neues Bestellformular auf, oder?«, sagte Mrs Weasley mi?trauisch.»Ihr denkt nicht etwa daran, Weasleys Zauberhafte Zauberscherze wieder auf die Beine zu stellen?«

»Ich bitte dich, Mum«, sagte Fred und blickte mit einem gequalten Gesichtsausdruck zu ihr auf.»Wenn der Hogwarts-Express morgen entgleisen wurde und George und ich sterben wurden, wie wurdest du dich bei dem Gedanken fuhlen, da? das Letzte, was wir von dir gehort haben, unbegrundete Anschuldigungen waren?«

Alle lachten, selbst Mrs Weasley.

»Da kommt euer Vater!«, sagte sie plotzlich mit einem Blick zur Uhr.

Mr Weasleys Zeiger war auf einmal von»Arbeit«auf»unterwegs«gesprungen; eine Sekunde spater dann rastete er klappernd auf»Zu Hause«ein, wo die anderen Zeiger schon standen, und schon horten sie Mr Weasley aus der Kuche rufen.

»Ich komme, Arthur!«, antwortete Mrs Weasley und eilte davon.

Augenblicke spater kam Mr Weasley mit dem Abendessen auf einem Tablett ins warme Wohnzimmer. Er sah vollkommen erschopft aus.

»Tja, jetzt haben wir die Bescherung«, sagte er zu Mrs Weasley und lie? sich in einen Sessel am Feuer fallen. Nicht gerade begeistert stocherte er in seinem verschrumpelten Blumenkohl.»Rita Kimmkorn hat die ganze Woche bei uns im Ministerium rumgeschnuffelt und nach weiteren Skandalgeschichten gesucht. Jetzt ist sie auf die Sache mit der guten Bertha gesto?en, die vermi?t wird, und morgen ist das sicher der Aufmacher im Tagespropheten. Ich hab Bagman doch gesagt, er hatte schon langst jemanden auf ihre Spur setzen sollen.«

»Mr Crouch sagt das schon seit Wochen«, warf Percy rasch ein.

»Crouch hat nun wirklich Dusel, da? Rita noch nicht von der Geschichte mit Winky erfahren hat«, sagte Mr Weasley verargert.»Seine Hauselfe wird mit dem Zauberstab, der das Dunkle Mal heraufbeschworen hat, ertappt – das gabe Schlagzeilen fur eine Woche.«

»Ich dachte, wir waren uns einig, da? diese Elfe zwar verantwortungslos gehandelt, aber das Dunkle Mal tatsachlich nicht heraufbeschworen hat?«, bemerkte Percy steif.

»Wenn du mich fragst, dann kann Mr Crouch froh sein, da? keiner beim Tagespropheten wei?, wie ubel er mit Hauselfen umspringt!«, sagte Hermine zornig.

»Hor mal zu, Hermine!«, sagte Percy.»Ein hochrangiger Ministerialbeamter wie Mr Crouch verdient unerschutterlichen Gehorsam von seiner Bediensteten -«

»Seiner Sklavin, meinst du wohl!«, sagte Hermine mit schriller Stimme.»Denn er bezahlt Winky doch nicht, oder?«

»Ich denke, ihr geht jetzt alle nach oben und schaut nach, ob ihr beim Packen nichts vergessen habt!«, unterbrach Mrs Weasley den Streit.»Nun los, und zwar alle…«

Harry raumte sein Besenpflege-Set zusammen, schulterte den Feuerblitz und ging mit Ron nach oben. Unter dem Dach war der Regen noch lauter zu horen, begleitet vom lauten Pfeifen und Stohnen des Windes und nicht zu vergessen dem gelegentlichen Aufheulen des Ghuls, der unter dem Dachfirst hauste. Pigwidgeon begann zwitschernd in seinem Kafig herumzuflattern, als sie eintraten. Der Anblick der halb gepackten Koffer schien ihn vor Aufregung rasend zu machen.

»Wirf ihm ein paar Eulenkekse rein«, sagte Ron und warf Harry eine Tute zu,»vielleicht stopft ihm das den Schnabel.«

Harry steckte ein paar Eulenkekse durch die Kafigstangen und wandte sich dann wieder seinem Koffer zu, neben dem der immer noch leere Kafig von Hedwig stand.

»Sie ist schon uber eine Woche weg«, sagte Harry und betrachtete Hedwigs verlassene Vogelstange.»Ron, du glaubst doch nicht, da? sie Sirius erwischt haben, oder?«

»Nein, das hatte doch im Tagespropheten gestanden«, entgegnete Ron.»Das Ministerium hatte sicher zeigen wollen, da? ihnen zumindest ein Fang gelungen ist.«

»Jaah, schon moglich…«

»Sieh mal, hier sind die Sachen, die dir Mum aus der Winkelgasse mitgebracht hat. Und au?erdem hat sie noch etwas Geld aus deinem Verlies geholt… und all deine Socken gewaschen.«

Er lupfte einen Stapel Pakete auf Harrys Feldbett und legte den Geldbeutel und einen Haufen Socken daneben. Harry machte sich ans Auspacken. Au?er dem Lehrbuch der Zauberspruche, Band 4, von Miranda Habicht waren da noch eine Hand voll neuer Federkiele, ein Dutzend Pergamentrollen und Nachfullpackungen fur seinen Zaubertrankkasten – Lowenfischgraten und Belladonna-Essenz waren in letzter Zeit knapp geworden. Gerade stopfte er Unterwasche in seinen Kessel, als Ron hinter ihm ein lautes»Uaah«vernehmen lie?.

»Was soll das denn sein?«

Er hielt etwas in die Hohe, das aussah wie ein langes, kastanienbraunes Samtkleid. Es hatte einen verschlissenen Ruschenkragen und dazu passende Spitzensaume an den Armeln.

Es klopfte und Mrs Weasley trat mit einem Arm voll frisch gewaschener Hogwarts-Umhange ein.

»Bitte sehr«, sagte sie und verteilte sie zwischen den beiden.»Und jetzt pa?t auf, da? ihr sie richtig einpackt, damit sie nicht knittern.«

»Mum, du hast mir Ginnys neues Kleid gegeben«, sagte Ron und hielt seiner Mutter das Samtkleid hin.

»Wie kommst du darauf«, sagte Mrs Weasley.»Das ist fur dich. Dein Festumhang.«

»Mein was?«, sagte Ron wie vom Donner geruhrt.

»Dein Festumhang!«, wiederholte Mrs Weasley.»Auf der Schulliste hei?t es, ihr braucht dieses Jahr einen Umhang… fur festliche Anlasse.«

»Du machst Witze«, sagte Ron unglaubig.»Das Teil zieh ich nie und nimmer an.«

»Alle tragen so was, Ron!«, sagte Mrs Weasley verdrossen.»Die sehen nun mal so aus! Dein Vater hat welche fur schicke Partys!«

»Bevor ich so was anziehe, geh ich lieber splitternackt«, sagte Ron verbissen.

»Stell dich nicht so an«, sagte Mrs Weasley,»du brauchst unbedingt einen Festumhang, das steht auf der Liste! Fur Harry hab ich auch einen… zeig ihn mal, Harry…«

Mit leise bebender Hand offnete Harry das letzte Paket auf seinem Feldbett. Es war jedoch nicht so ubel, wie er befurchtet hatte; sein Festumhang hatte keine Ruschen; tatsachlich sah er ungefahr so aus wie seine Schulumhange, nur war er nicht schwarz, sondern grun.

»Ich dachte, der bringt deine Augenfarbe gut zur Geltung, mein Lieber«, sagte Mrs Weasley vergnugt.

»Na also, der ist in Ordnung!«, sagte Ron und musterte zornig Harrys Umhang.»Warum hab ich nicht auch so einen gekriegt?«

»Weil… na ja, ich mu?te deinen im Secondhandladen besorgen, und da hatten sie nicht so viel Auswahl«, sagte Mrs Weasley errotend.

Harry starrte auf seine Fu?e. Liebend gern hatte er all sein Geld im Gringotts-Verlies mit den Weasleys geteilt, doch er wu?te, sie wurden es niemals annehmen.

»Den zieh ich nicht an«, sagte Ron hartnackig.»Nie und nimmer.«

»Schon«, fauchte Mrs Weasley.»Dann geh nackt. Und Harry, pa? auf, da? du ein Foto von ihm machst. Damit ich mal was zu lachen hab, meine Gute aber auch.«

Sie ging hinaus und schlug die Tur hinter sich zu. Vom Fenster her kam ein merkwurdiges Spotzen und Keuchen. Pigwidgeon wurgte an einem Eulenkeks, der zu gro? fur seinen Hals war.

»Warum hab ich eigentlich immer nur Schrott?«, sagte Ron zornig und ging hinuber, um Pigwidgeons Schnabel zu entrumpeln.