Er hielt das Buch hoch: Magische Wasserpflanzen des Mittelmeeres und ihre Wirkungen.

»Professor Sprout hat namlich Professor Moody erzahlt, da? ich in Krauterkunde wirklich gut bin«, sagte Neville. In seiner Stimme lag ein Hauch von Stolz, den Harry bei ihm kaum einmal wahrgenommen hatte.»Er dachte, dieses Buch wurde mir gefallen.«

Neville zu sagen, was Professor Sprout berichtet hatte, war eine sehr taktvolle Art, ihn aufzumuntern, fand Harry, denn Neville bekam sehr selten zu horen, da? er in irgend etwas gut sei. Auf diese Weise hatte es auch Professor Lupin versucht.

Harry und Ron nahmen ihre Exemplare von Entnebelung der Zukunft mit nach unten, suchten sich einen freien Tisch und machten sich an ihre Vorhersagen fur den kommenden Monat. Eine Stunde spater war ihr Tisch zwar ubersat mit Pergamentblattern voll Zahlen und Symbolen, und Harrys Kopf war vernebelt, als ware er gefullt mit den Ausdunstungen von Professor Trelawneys Feuer, doch eigentlich waren sie kaum vorangekommen.

»Ich hab keinen Schimmer, was dieses Zeug hier bedeuten soll«, sagte er und starrte auf eine lange Liste mit Zahlen und Formeln.

»Wei?t du was«, sagte Ron, dem die Haare zu Berge standen, weil er vor Arger standig mit den Fingern durch seinen Schopf fuhr,»ich glaube, wir probieren es mal wieder mit unserer alten Wahrsagekrucke.«

»Wie bitte – das Ganze erfinden?«

»Ja«, sagte Ron, wischte das Gewirr bekritzelter Pergamente vom Tisch, stippte seine Feder ins Tintenfa? und begann zu schreiben.

»Am nachsten Montag«, sagte er eifrig kritzelnd,»werd ich wahrscheinlich einen Schnupfen kriegen, und zwar weil Mars und Jupiter ganz ungunstig zueinander stehen.«Er sah zu Harry auf.»Du kennst sie doch – misch 'ne hubsche Portion Elend rein, und sie leckt es dir aus der Hand.«

»Stimmt«, sagte Harry, knullte seinen ersten Versuch zusammen und warf den Pergamentball uber die Kopfe einiger schnatternder Erstkla?ler hinweg ins Feuer.»Gut… am Montag gerate ich in Gefahr – ahm – mich zu verbrennen.«

»Da kannst du Gift drauf nehmen«, sagte Ron mit finsterem Blick,»am Montag sehen wir die Kroter wieder. Schon, am Dienstag werd ich dann… ahm…«

»Etwas verlieren, das dir lieb und teuer ist«, sagte Harry, der auf der Suche nach Anregungen durch Entnebelung der Zukunft blatterte.

»Gute Idee«, sagte Ron und schrieb sie auf.»Wegen… ahm… Merkur. Wie war's, wenn dir jemand, den du fur einen Freund gehalten hast, ein Messer in den Rucken sto?t?«

»Jaah… cool…«, sagte Harry und lie? die Feder kratzen,»weil… Venus im zwolften Haus steht.«

»Und am Mittwoch, glaub ich, krieg ich bei einer Prugelei was auf die Nase.«

»Aaah, eigentlich wollte ich mich prugeln. Gut, dann verlier ich eine Wette.«

»Ja, du wettest, da? ich die Prugelei gewinne…«

So strickten sie noch eine Stunde weiter an ihren Vorhersagen (die immer tragischer wurden), wahrend die anderen allmahlich schlafen gingen.

Krummbein kam zu ihnen herubergeschlenzt, sprang leichtfu?ig auf einen leeren Stuhl und starrte Harry mit unergrundlichen Augen an, ganz so, wie Hermine schauen wurde, wenn sie gewu?t hatte, da? sie ihre Hausaufgaben nicht ordentlich erledigten.

Harry lie? den Blick durch das Zimmer schweifen und versuchte sich ein Ungluck einfallen zu lassen, das er noch nicht aufgebraucht hatte, da sah er Fred und George an der Wand gegenuber sitzen, die Kopfe zusammengesteckt und mit gezuckten Federn uber einem Pergament brutend. Man sah die beiden nur ganz selten in einer Ecke versteckt und stumm bei der Arbeit; meist liebten sie den Trubel und waren dann auch der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wie sie da gemeinsam an ihrem Pergament arbeiteten, hatten sie etwas Geheimnistuerisches an sich, und Harry fiel ein, da? sie schon im Fuchsbau zusammengesessen und etwas geschrieben hatten. Damals hatte er gedacht, es ginge um ein neues Bestellformular fur Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, doch diesmal sah es nicht danach aus, denn sonst hatten sie gewi? Lee Jordan an dem Spa? beteiligt. Er fragte sich, ob es etwas mit dem Versuch zu tun hatte, am Trimagischen Turnier teilzunehmen.

Harry sah jetzt, wie George den Kopf schuttelte, mit seiner Feder etwas durchstrich und mit ganz leiser Stimme, die dennoch durch den fast leeren Raum heruberwehte, zu Fred sagte:»Nein – das klingt, als wurden wir ihn beschuldigen. Wir mussen vorsichtig sein…«

Dann sah George auf und bemerkte, da? Harry sie beobachtete. Harry grinste und wandte sich rasch wieder seinen Vorhersagen zu – er wollte nicht, da? George dachte, er wurde lauschen. Kurz danach rollten die Zwillinge ihr Pergament zusammen, sagten gute Nacht und gingen zu Bett.

Die beiden waren gerade zehn Minuten fort, als das Portratloch aufging und Hermine in den Gemeinschaftsraum kletterte, in der einen Hand ein Blatt Pergament und in der anderen ein Kastchen mit schepperndem Inhalt.

Krummbein machte einen Buckel und schnurrte.

»Hallo«, sagte sie,»ich bin gerade fertig geworden!«

»Ich auch!«, sagte Ron ausgelassen und warf seine Feder hin.

Hermine setzte sich, legte ihre Sachen auf einen leeren Sessel und zog das Blatt mit Rons Voraussagen zu sich her.

»Wird kein besonders guter Monat fur dich, oder?«, sagte sie mit schragem Lacheln, wahrend Krummbein es sich auf ihrem Scho? gemutlich machte.

»Tjaah, wenigstens bin ich vorgewarnt«, gahnte Ron.

»Sieht aus, als ob du zweimal ertrinkst«, sagte Hermine.

»Ach nein, wirklich?«, sagte Ron und warf einen Blick auf seine Vorhersagen.»Dann andere ich das eine lieber in Zertrampeltwerden von einem wild gewordenen Hippogreif.«

»Meinst du nicht, jeder merkt, da? ihr alles erfunden habt?«, fragte Hermine.

»Wie kannst du nur so etwas sagen!«, rief Ron mit gespielter Entrustung.»Wir haben hier geschuftet wie die Hauselfen!«

Hermine hob die Brauen.

»Ist doch nur so 'ne Redewendung«, sagte Ron hastig.

Auch Harry legte jetzt seine Feder weg, nachdem er zum guten Schlu? seinen Tod durch Enthauptung vorausgesagt hatte.

»Was ist dadrin?«, fragte er und deutete auf das Kastchen.

»So 'n Zufall, da? du fragst«, sagte Hermine und warf Ron einen garstigen Blick zu. Sie hob den Deckel des Kastchens ab.

Darin lagen etwa funfzig Anstecker in verschiedenen Farben, doch alle mit derselben Aufschrift: B.ELFE.R.

»Belfer?«, sagte Harry, nahm einen Anstecker und betrachtete ihn.»Was ist das?«

»Nicht Belfer«, sagte Hermine hochst ungehalten.»Es hei?t B-ELFE-R, Bund fur ELFEnRechte.«

»Nie davon gehort«, sagte Ron.

»Naturlich nicht«, fauchte Hermine,»ich hab ihn eben erst gegrundet.«

»Achja?«, sagte Ron milde uberrascht.»Wie viele Mitglieder hat er?«

»Na ja – wenn ihr mitmacht – drei«, sagte Hermine.

»Und du glaubst im Ernst, wir wollen mit Ansteckern rumlaufen, auf denen ›Belfer‹ steht?«

»B-ELFE-R!«, zurnte Hermine.»Zuerst hatte ich ›Stoppt die schandliche Mi?handlung unserer magischen Mitgeschopfe – Bewegung zur Starkung der Elfenrechte‹, aber das hat nicht draufgepa?t. Dafur ist es jetzt der Titel unseres Manifests.«

Sie wedelte mit dem Pergament unter ihren Nasen.»Ich hab in der Bibliothek grundlich nachgeforscht. Die Elfenversklavung reicht schon Jahrhunderte zuruck. Ich kann einfach nicht fassen, da? bisher niemand was dagegen unternommen hat.«

»Hermine – nun hor mal gut zu«, sagte Ron laut.»Sie. Mogen. Es. Sie mogen es, versklavt zu sein!«

»Unser kurzfristiges Ziel«, sagte Hermine, noch lauter sogar als Ron und scheinbar ohne ein Wort gehort zu haben,»ist die Durchsetzung fairer Lohne und Arbeitsbedingungen. Zu unseren langfristigen Zielen gehort die Anderung des Gesetzes uber den Nichtgebrauch von Zauberstaben und der Versuch, eine Elfe in die Abteilung zur Fuhrung und Aufsicht Magischer Geschopfe zu bringen, denn dort sind sie skandalos schlecht vertreten.«

»Und wie stellen wir das an?«, fragte Harry.