»Und wie kommst du da rein?«, fragte Hermine in unschuldig beilaufigem Tonfall.

»Ganz einfach«, sagte Fred,»hinter einem Gemalde mit einer Obstschale ist eine Geheimtur. Du kitzelst einfach die Birne, sie kichert und -«Er brach ab und sah sie mi?trauisch an.»Warum?«

»Nur so«, sagte Hermine rasch.

»Willst du diese Hauselfen etwa in den Streik fuhren?«, sagte George.»Gibst du diesen Flugblattkram auf und versuchst jetzt, sie zur Rebellion anzustacheln?«

Einige der Umstehenden gackerten. Hermine antwortete nicht.

»Hetz sie blo? nicht auf und sag ihnen, sie hatten ein Recht auf Kleidung und Bezahlung!«, warnte Fred.»Das halt sie nur vom Kochen ab!«

In diesem Augenblick sorgte Neville fur eine kleine Ablenkung, indem er sich in einen Kanarienvogel verwandelte.

»O Verzeihung, Neville!«, rief Fred durch das allgemeine Gelachter.»Hab ich doch glatt vergessen – es war doch die Eierkrem, die wir verhext haben -«

Es dauerte jedoch nur eine Minute, dann verlor Neville seine Federn, und als die letzte ausgefallen war, erschien er wieder gesund und munter und stimmte sogar selbst in das Gelachter ein.

»Kanarienkremschnitten!«, verkundete Fred laut der aufgeregten Schulerschar.»Haben George und ich erfunden -sieben Sickel das Stuck, ein echtes Schnappchen!«

Es war fast ein Uhr morgens, als Harry schlie?lich mit Ron, Neville, Seamus und Dean in den Schlafsaal hochstieg. Bevor er zu Bett ging, legte er das kleine Modell des Ungarischen Hornschwanzes auf seinen Nachttisch, wo es gahnte, sich einkringelte und die Augen schlo?. Wirklich, dachte Harry, als er die Vorhange um sein Bett zuzog, Hagrid hatte irgendwie Recht… eigentlich sind sie ganz in Ordnung, diese Drachen…

Der Dezemberanfang brachte Sturme und Graupelschauer nach Hogwarts. Zwar war das Schlo? im Winter zugig wie immer, doch Harry dachte mit Erleichterung an die Feuer in den Kaminen und an die dicken Mauern, wenn er drau?en am See wieder einmal am Schiff der Durmstrangs vorbeikam, das in den Windboen taumelte und dessen schwarze Segel sich gegen den dunklen Himmel bauschten. Auch im Beauxbatons-Wohnwagen mu?te es ziemlich kalt sein. Wie ihm auffiel, versorgte Hagrid Madame Maximes Pferde gro?zugig mit ihrem Lieblingsgetrank, Single Malt Whisky, und die Dampfe, die vom Trog in einer Ecke ihrer Koppel heruberwehten, reichten aus, um die ganze Pflege-magischer-Geschopfe-Klasse beschwipst zu machen. Das war nicht besonders hilfreich, denn sie pappelten immer noch diese gra?lichen Kroter auf und dafur brauchten sie einen klaren Kopf.

»Ich wei? nicht, ob sie 'nen Winterschlaf halten«, verkundete Hagrid in der nachsten Stunde der bibbernden Klasse im windigen Kurbisbeet.»Dachte, wir probieren mal aus, ob sie 'n Nickerchen mogen… Legen wir sie doch einfach mal in diese Kisten hier…«

Inzwischen waren nur noch zehn Kroter ubrig; offenbar war ihnen die Lust, sich gegenseitig umzubringen, durch die sportliche Betatigung nicht ausgetrieben worden. Die Viecher waren nun schon fast zwei Meter lang. Ihr dicker grauer Panzer, ihre kraftigen, flinken Beine, ihre Funken spruhenden Rumpfe, ihre Stacheln und Saugnapfe – das alles machte die Kroter zu den widerlichsten Kreaturen, die Harry je gesehen hatte. Die Klasse besah sich mi?mutig die riesigen Kisten, die Hagrid herausgebracht und allesamt mit Kissen und flaumigen Decken ausgepolstert hatte.

»Wir fuhren sie einfach da rein«, sagte Hagrid,»und machen die Deckel zu, dann sehen wir ja, was passiert.«

Doch die Kroter, so viel wurde ihnen klar, hielten keinen Winterschlaf und schatzten es nicht, in die kissengepolsterten Kisten gezwangt und dann eingenagelt zu werden. Kurze Zeit spater marodierten die Kroter im Kurbisfeld, das mit den schwelenden Bruchstucken ihrer Kisten ubersat war, und Hagrid rief:»Keine Panik jetzt, immer mit der Ruhe!«Der gro?te Teil der Klasse – Malfoy, Crabbe und Goyle als Erste – war durch die Hintertur in Hagrids Hutte geflohen und hatte sich verbarrikadiert; Harry, Ron und Hermine jedoch gehorten zu jenen, die drau?en blieben und versuchten Hagrid zu helfen. Gemeinsam schafften sie es, neun Kroter zu uberwaltigen und festzubinden, wenn auch um den Preis zahlreicher Brandblasen und Schnitte; am Ende war nur noch ein Kroter ubrig.

»Jetzt erschreckt ihn blo? nicht!«, schrie Hagrid, als Ron und Harry ihre Zauberstabe nahmen und den Kroter, der, den zitternden Stachel uber den Rucken gebogen, auf sie zukrabbelte, mit einer spotzenden Funkenwolke beschossen.»Versucht einfach, die Leine um seinen Stachel zu schlingen, damit er die anderen nicht verletzt!«

»Ja naturlich, das ware ganz furchtbar!«, schrie Ron zornig, wahrend er und Harry gegen die Wand von Hagrids Hutte zuruckwichen und sich den Kroter mit ihren Funken spruhenden Zauberstaben vom Leib hielten.

»Schon, schon, schon… das scheint ja richtig Spa? zu machen.«

Rita Kimmkorn lehnte lassig an Hagrids Gartenzaun und begutachtete den Kampf. Heute trug sie einen schweren magentaroten Mantel mit einem purpurroten Pelzkragen; die Krokodillederhandtasche baumelte an ihrem Arm. Hagrid warf sich auf den Rucken des Kroters, der Harry und Hon zu Leibe ruckte, und druckte ihn platt; eine Stichflamme scho? aus seinem Rumpf und versengte die Kurbispflanzen im Umkreis.

»Wer sind Sie?«, fragte Hagrid an Rita Kimmkorn gewandt, wahrend er eine Seilschlinge um den Stachel des Kroters warf und sie festzurrte.

»Rita Kimmkorn, Reporterin fur den Tagespropheten«, erwiderte Rita und strahlte ihn an. Ihre Goldzahne blitzten.

»Mir ist doch, als hatte Dumbledore gesagt, Sie hatten in der Schule nichts mehr verloren?«, sagte Hagrid und legte die Stirn in Falten. Er stand auf und zog den leicht ladierten Kroter hinuber zu seinen Artgenossen.

Rita tat, als hatte sie seine Worte nicht gehort.

»Wie hei?en diese faszinierenden Geschopfe eigentlich?«, fragte sie und strahlte ihn noch breiter an.

»Knallrumpfige Kroter«, brummte Hagrid.

»Wirklich?«, sagte Rita, scheinbar brennend interessiert.»Ich hab noch nie von ihnen gehort… woher kommen die denn?«

Harry sah, wie Hagrid unter seinem wilden schwarzen Bart dunkelrot anlief, und das Herz sank ihm in die Hose. Genau, wo zum Teufel hatte Hagrid die Kroter her?

Hermine, die sich Ahnliches zu fragen schien, warf rasch ein:»Sie sind sehr interessant, oder? Oder, Harry?«

»Was? O ja… autsch… interessant«, sagte Harry, nachdem sie ihm auf den Fu? getreten war.

Rita Kimmkorn wandte sich zu ihnen um.»Ah, du bist hier, Harry!«, sagte sie.»Also gefallt dir Pflege magischer Geschopfe? Eins deiner Lieblingsfacher?«

»Ja«, sagte Harry wacker. Hagrid strahlte ihn an.

»Wunderbar«, sagte Rita.»Wirklich wunderbar. Unterrichten Sie schon lange?«, fugte sie zu Hagrid gewandt hinzu.

Harry bemerkte, wie sie den Blick schweifen lie? – uber Dean (der eine unschone Schnittwunde an der Wange hatte), Lavender (deren Umhang stark versengt war), Seamus (der mehrere verbrannte Finger leckte) und dann hinuber zum Huttenfenster, wo der gro?e Rest der Klasse sich die Nasen an der Scheibe platt druckte und wartete, bis die Luft rein war.

»Das ist erst mein zweites Jahr«, sagte Hagrid.

»Wunderbar… waren Sie vielleicht bereit, mir ein Interview zu geben? Ein wenig von Ihren Erfahrungen mit magischen Geschopfen zu erzahlen? Der Tagesprophet hat jeden Mittwoch eine Heimtierseite, wie Sie sicher wissen. Wir konnten was uber diese – ahm – Knallsuchtigen Troter bringen.«

»Knallrumpfige Kroter«, sagte Hagrid beflissen.»Ahm – ja, warum nicht?«

Harry schwante gar nichts Gutes, doch er konnte sich Hagrid nicht bemerkbar machen, ohne da? es Rita Kimmkorn mitbekam, und so mu?te er schweigend zusehen, wie Hagrid und Rita sich fur Ende der Woche zu einem richtig ausfuhrlichen Interview in den Drei Besen verabredeten. Dann lautete oben im Schlo? die Glocke und verkundete das Ende der Stunde.

»Gut denn, auf Wiedersehen, Harry!«, rief ihm Rita Kimmkorn vergnugt zu, als er sich mit Ron und Hermine auf den Weg machte.»Bis Freitagabend dann, Hagrid!«