Harry hatte Cho noch immer nicht gefragt, ob sie mit ihm zum Ball gehen wollte. Er und Ron wurden allmahlich nervos, doch Harry meinte, Ron wurde ohne Partnerin bei weitem nicht so dumm dastehen wie er; immerhin sollten Harry und die anderen Champions den Ball eroffnen.

»Es gibt ja immer noch die Maulende Myrte«, sagte er trubselig, in Gedanken bei dem Geist, der im Madchenklo im zweiten Stock spukte.

»Harry – wir mussen die Zahne zusammenbei?en und es einfach tun«, sagte Ron am Freitagmorgen in einem Ton, als ob es darum ginge, eine uneinnehmbare Festung zu sturmen.»Wenn wir uns heute Abend im Gemeinschaftsraum treffen, haben wir beide eine Partnerin – abgemacht?«

»Ahm – einverstanden«, sagte Harry.

Doch jedes Mal, wenn er Cho an diesem Tag sah – in der Pause und dann beim Mittagessen und spater wieder auf dem Weg zu Geschichte der Magie -, war sie von einer Traube Freundinnen umgeben. Ging sie denn nie irgendwo allein hin? Sollte er vielleicht warten und dann auf sie lossturmen, wenn sie aufs Klo ging? Aber nein – selbst aufs Klo schien sie mit einem Geleitzug aus vier oder funf Madchen zu gehen. Doch wenn er es nicht bald tat, wurde ihm sicher ein anderer zuvorkommen.

Er konnte bei Snapes Gegengiftprufung kaum einen vernunftigen Gedanken fassen, verga? dann auch die wichtigste Zutat – einen Gallenstein – und bekam prompt eine miserable Note. Doch es war ihm egal; er war ausschlie?lich damit beschaftigt, seinen Mumm fur das zusammenzukratzen, was er gleich vorhatte. Als es lautete, packte er seine Tasche und hastete zur Kerkertur.

»Wir sehen uns beim Abendessen«, rief er Ron und Hermine zu und sprintete die Treppe hoch.

Er mu?te Cho doch nur um ein Wort unter vier Augen bitten, das war alles… auf der Suche nach ihr hastete er durch die rappelvollen Gange und dann (immerhin fruher als erwartet) fand er sie, als sie gerade aus Verteidigung gegen die dunklen Kunste kam.

»Ahm – Cho? Konnte ich dich kurz sprechen?«

Kichern sollte verboten werden, dachte Harry zornig, als alle Madchen um Cho herum damit anfingen. Sie allerdings nicht. Sie sagte»gut«und folgte ihm au?er Horweite ihrer Klassenkameradinnen.

Harry wandte sich zu ihr um und sein Magen tat einen merkwurdigen Hupfer, als ob er beim Treppabgehen eine Stufe verpa?t hatte.

»Ahm«, sagte er.

Er konnte sie nicht fragen. Er konnte es einfach nicht. Doch er mu?te. Cho stand da und sah ihn verwirrt an.

Die Worte kamen heraus, bevor Harry seine Zunge richtig um sie geschlungen hatte.

»Willuballmimir?«

»Wie bitte?«, sagte Cho.

»Willst du – willst du mit mir zum Ball gehen?«, sagte Harry.

Warum mu?te er jetzt rot werden? Warum?

»Oh!«, sagte Cho und auch sie wurde rot.»Oh, Harry, tut mir wirklich Leid«, und sie sah tatsachlich danach aus.»Ich bin schon mit jemand anderem verabredet.«

»Oh«, sagte Harry.

Es war doch komisch; noch vor einem Augenblick hatten sich seine Eingeweide gewunden wie ein Haufen Schlangen, doch plotzlich schien er uberhaupt keine Eingeweide mehr zu haben.

»Oh, schon gut«, sagte er,»kein Problem.«

»Tut mir wirklich Leid«, sagte sie noch mal.

»Schon gut«, sagte Harry.

Sie standen da und sahen sich an, dann sagte Cho:»Nun -«

»Ja«, sagte Harry.

»Gut, bis dann«, sagte Cho, immer noch ziemlich rot, und ging davon.

Dann, bevor er wu?te, was er tat, rief Harry ihr nach:

»Mit wem gehst du denn?«

»Oh – mit Cedric«, sagte sie.»Cedric Diggory.«

»Oh, verstehe«, sagte Harry.

Seine Eingeweide waren wieder da. Allerdings fuhlten sie sich jetzt an, als waren sie zwischenzeitlich mit Blei gefullt worden.

Das Abendessen hatte Harry vollig vergessen und langsam stieg er die Treppen zum Gryffidor-Turm hoch. Chos Stimme klang ihm bei jedem Schritt in den Ohren. ›Cedric -Cedric Diggorys In letzter Zeit hatte er eigentlich begonnen, Cedric zu mogen – und war schon bereit gewesen zu vergessen, da? er ihn einmal im Quidditch geschlagen hatte und da? er hubsch war und beliebt und der Lieblingschampion von fast allen. Doch nun war ihm plotzlich klar, da? Cedric ein nichtsnutziger Schonling war, dessen gesammelter Grips nicht mal einen Eierbecher fullte.

»Lichterfee«, sagte er dumpf zu der fetten Dame – das Pa?wort war tags zuvor geandert worden.

»Ja, in der Tat, mein Lieber!«, trallerte sie, zupfte ihr neues Lametta-Haarband zurecht und schwang beiseite, um ihn einzulassen.

Harry trat in den Geineinschaftsraum und sah sich um. Zu seiner Uberraschung sah er Ron mit aschgrauem Gesicht an einem Tisch weit hinten sitzen. Bei ihm sa? Ginny, die offenbar mit leiser, trostender Stimme auf ihn einredete.

»Was gibt's, Ron?«, sagte Harry und setzte sich dazu.

Ron hob den Kopf und sah Harry mit einem Ausdruck blinden Entsetzens an.»Warum hab ich das nur getan?«, stie? er wutend hervor.»Ich wei? nicht, was in mich gefahren ist!«

»Was denn?«, sagte Harry.

»Er – ahm – er hat eben Fleur Delacour gefragt, ob sie mit ihm zum Ball gehen will«, sagte Ginny. Sie sah aus, als wurde sie ein Lacheln unterdrucken, tatschelte jedoch weiterhin mitfuhlend Rons Arm.

»Du hast was?«, sagte Harry.

»Ich wei? nicht, was mich da geritten hat!«, keuchte Ron.»Was war mit mir los? Da waren Leute – uberall – ich mu? verruckt geworden sein – und alle haben zugesehen! Es war in der Eingangshalle, sie stand da und unterhielt sich mit Diggory, und ich bin nur so an ihr vorbeigegangen – da hat es mich irgendwie gepackt – und ich hab sie gefragt!«

Ron stohnte und schlug die Hande vors Gesicht. Er sprach weiter, doch seine Worte waren kaum zu verstehen.»Sie hat mich angeschaut, als war ich eine Meeresschnecke oder so was. Hat nicht geantwortet. Und dann – ich wei? nicht -, dann bin ich wohl wieder zu mir gekommen und bin abgehauen.«

»Sie hat was von einer Veela«, sagte Harry.»Du hattest Recht – ihre Gro?mutter war eine. Es war nicht dein Fehler, ich wette, du bist in dem Moment an ihr vorbeigegangen, als sie Diggory mit ihrem unheimlichen Charme bespruhte, und du hast was davon abbekommen – aber das hat ihr nichts genutzt. Er geht mit Cho Chang.«

Ron sah auf.

»Ich hab sie eben noch gefragt, ob sie mit mir kommen will«, sagte Harry traurig,»und sie hat es mir erzahlt.«

Ginny hatte plotzlich aufgehort zu lacheln.

»Das ist doch verruckt«, sagte Ron,»jetzt sind wir die Einzigen, die niemanden haben – na ja, au?er Neville. Hey – rat mal, wen er gefragt hat! Hermine!«

»Wie bitte?«Harry war durch diese verbluffende Neuigkeit ganz von den eigenen Sorgen abgelenkt.

»Ja, stimmt!«, sagte Ron und fing an zu lachen, was ihm wieder ein wenig Farbe ins Gesicht trieb.»Er hat es mir nach Zaubertranke gesagt! Sie sei ja immer so nett zu ihm gewesen, hatte ihm bei den Hausaufgaben geholfen und alles – aber sie hatte gesagt, sie sei schon verabredet. Ha! Denkste! Sie wollte nur nicht mit Neville… na ja, ich meine, wer will das schon?«

»Hort auf!«, sagte Ginny gereizt.»Lacht nicht -«

In diesem Augenblick kletterte Hermine durch das Portratloch.

»Warum wart ihr beide nicht beim Abendessen?«, fragte sie und kam an ihren Tisch.

»Weil – seid still, ihr beiden -, weil sie gerade eben Korbe von zwei Madchen gekriegt haben!«, antwortete Ginny.

Das lie? Harry und Ron verstummen.

»Wie nett von dir, Ginny«, sagte Ron sauerlich.

»Alle gut Aussehenden sind schon weg, Ron?«, sagte Hermine schnippisch.»Eloise Midgeon sieht allmahlich immer hubscher aus, oder? Nun, ich bin sicher, irgendwo findet ihr irgendeine, die euch haben will.«

Doch Ron starrte Hermine an, als wurde er sie plotzlich in einem ganz anderen Licht sehen.»Hermine, Neville hat Recht – du bist tatsachlich ein Madchen…«

»Oh, gut beobachtet«, sagte sie bissig.

»Nun ja – du kannst mit einem von uns gehen!«

»Nein, kann ich nicht«, fauchte Hermine.

»Ach, nun hab dich nicht so«, sagte Ron ungeduldig,»wir brauchen Partnerinnen, wie stehen wir denn da, wenn wir keine haben, alle anderen haben welche…«