Wenn ich mich jedoch fur einen Angriff entscheide, dann mu? dieser Angriff erfolgreich sein.«»Ich wei?, Sir.»

Broughton trat wieder ans Fenster.»Die Navarra wird mit dem Geschwader segeln. Wenn ich sie freilasse, wird die Anwesenheit und Starke unseres Geschwaders schneller bekannt, als wollte ich Bonaparte eine schriftliche Einladung schicken. Wenn wir sie versenken und Mannschaft und Passagiere auf unsere Schiffe verteilen, gibt das zuviel Unruhe fur eine kurz bevorstehende Aktion. «Er drehte sich um und sah Bolitho forschend an.»Wie sind Sie eigentlich mit den Sche-becken fertig geworden?»

«Ich habe Passagiere und Mannschaft der Navarra zum Dienst des Konigs gepre?t, Sir.»

Broughton schob die Lippen vor.»Das hatte Fourneaux nie fertiggebracht, bei Gott! Er hatte tapfer gekampft, aber sein Kopf wurde jetzt irgendeine Moschee schmucken, daran habe ich keinen Zweifel. «Und in bestimmtem Ton fuhr er fort:»Signalisieren Sie:

>In einer Stunde alle Kommandanten an Bord zur Dienstbespre-chung!< Dann setzen wir Segel und benutzen den Rest des Tages dazu, etwas Ordnung ins Geschwader zu bringen. Mit dem Wind ist ja nicht viel los, aber er bleibt ein stetiger Nordwest. Das sollte genugen. Sie werden Draffens Plan studieren und sich alle Details zu eigen machen.»

Bolitho lachelte nachdenklich.»Sie haben also entschieden, Sir.»

«Vielleicht tut uns das beiden noch einmal leid. «Broughton lachelte nicht bei diesen Worten.»Einen Hafen oder ein befestigtes Stuck Land anzugreifen, ist immer Gluckssache. Wenn ich einen festen Schlachtplan habe und so und so viele feindliche Schiffe vor mir, dann sage ich Ihnen, was der Oberkommandierende vorhat. Aber das hier — «, er zuckte verachtlich die Schultern — ,»ist ja, als schicke man ein Frettchen ins Loch. Man wei? nie, wie oder wohin das Kaninchen lauft.»

Bolitho nahm seinen Hut.»Ich habe Witrand unter spezielle Bewachung gestellt, Sir. Er ist sehr gerissen; wenn er eine Moglichkeit sieht, wurde er sofort fliehen und seine Kenntnisse ausnutzen. Er hat mir an Bord der Navarra das Leben gerettet, aber deswegen unterschatze ich nicht seine sonstigen Qualitaten.»

Der Admiral horte anscheinend gar nicht zu. Er spielte mit seinem Uhranhanger und starrte geistesabwesend durchs Fenster. Doch als Bolitho zur Tur ging, sagte er scharf:»Wenn ich in der Schlacht falle…«Er hielt inne, und Bolitho sah ihn regungslos an.»Dergleichen soll ja vorkommen, dann haben Sie naturlich den Oberbefehl bis auf weiteres. Da sind gewisse Papiere. «Er schien ungeduldig zu werden und sich uber sich selbst zu argern, und so schlo? er kurz:»Sie werden weiter mit Sir Hugo zusammenarbeiten.»

«Sicher sind Sie zu pessimistisch, Sir«, erwiderte Bolitho.

«Nur vorsichtig. Ich halte nichts von Sentimentalitaten. Tatsache ist, ich traue Sir Hugo nicht ganz. «Er hob die Hand.»Mehr kann ich nicht sagen. Mehr will ich auch nicht sagen.»

Bolitho starrte ihn verblufft an.»Aber, Sir, seine Beglaubigungsschreiben mussen doch in Ordnung sein?»

Argerlich erwiderte Broughton:»Gewi? doch. Sein Status bei der Regierung ist vollig klar. Aber seine Motive machen mir Sorge. Jedenfalls seien Sie gewarnt, und vergessen Sie nicht, wo Ihre Loyalitat liegt.»

«Ich wei?, was meine Pflicht ist, Sir.»

Der Admiral musterte ihn gelassen.»Reden Sie nicht in so gekranktem Ton mit mir, Captain. Ich dachte auch, mein voriges Flaggschiff ware loyal — bis es meuterte. In Zukunft verlasse ich mich auf nichts mehr. Wenn man in eine Kanonenmundung blickt, ist >Pflicht< eine Krucke fur die Schwachen. In einem solchen Moment zahlt nur wahre Loyalitat. «Er wandte sich ab. Die kurze Vertraulichkeit war vorbei.

Die Dienstbesprechung fand in Bolithos Wohnkajute statt, und alle Anwesenden schienen sich bewu?t zu sein, wie wichtig sie war. Es war Bolitho vollig klar, da? jeder der Manner, die ihm hier gegenubersa?en, bereits wu?te, da? ein Angriff auf Djafou ohne Mitwirkung der Bombenwe rfer bevorstand. So seltsam und unerklarlich ging es eben in einem Verband zu. Neuigkeiten flogen mit Blitzesschnelle von einem Schiff zum anderen, fast unmittelbar nachdem der ranghochste Kommandant seine Entschlusse gefa?t hatte.

Wahrend er sich durch das Gewirr der Notizen und Planskizzen kampfte, die Broughton ihm bringen lie?, hatte er sich unter anderem gefragt, ob der Admiral ihn testen wolle. Schlie?lich war es ihre erste gemeinsame Aktion, bei der das ganze Geschwader als Einheit zusammenwirken sollte. Da? Broughton ausdrucklich angeordnet hatte,

Bolitho solle die Besprechung in seiner eigenen Kajute abhalten, bestarkte ihn in der Uberzeugung, da? er genauso gepruft wurde wie jeder andere Untergebene Broughtons.

Mit Draffen war er seit seiner Ruckkehr an Bord nur einmal zusammengekommen. Draffen war freundlich, aber zuruckhaltend gewesen und hatte uber die bevorstehende Aktion nur sehr wenig gesagt. Vielleicht wollte er wie Broughton den Flaggkapitan bei der Arbeit sehen, selbstandig, ohne Hilfe seiner beiden Vorgesetzten.

Jetzt sa? er neben Broughton am gro?en Tisch in der Kajute; manchmal huschten seine Augen von einem Gesicht zum anderen, wahrend Bolitho seinen Zuhorern klarmachte, was jeder von ihnen, ohne Rucksicht auf Verluste, auszufuhren hatte.

Das Schiff rollte heftig; Bolitho horte die tappenden Fu?e auf der Kampanje, das dumpfe Knattern der Leinwand, das Knarren der Spieren, als das Schiff langsam nach Steuerbord uberholte. Achteraus konnte er die Valorous sehen; ihre Marssegel zogen gut. Der stetige Nordwest frischte bereits auf.

Er mu?te sich kurz fassen. Alle Kommandanten mu?ten so bald wie moglich wieder an Bord ihrer Schiffe sein, um ihren Offizieren den Plan, soweit sie ihn verstanden hatten, zu erklaren. Und ihre Bootsbesatzungen hatten einen langen, schweren Pull vor sich, ganz abgesehen von dem immer starker werdenden Wind.

«Wie Sie gesehen haben, Gentlemen«, begann er,»ist die Bucht von Djafou wie eine tiefe Tasche. Die Ostseite wird durch diesen Landvorsprung geschutzt. «Er tippte mit dem Zirkel auf die Seekarte.»Er hat die Form eines gebogenen Schnabels und bietet den in der Bucht ankernden Schiffen vorzuglichen Schutz. «Er sah ihnen in die gespannt vorgeneigten Gesichter. Ihre Mienen waren so unterschiedlich wie ihre Charaktere.

Fourneaux sah verachtlich an seiner Nase herunter, als brauche man ihm gar nichts zu erklaren. Und Falcon von der Tanais: seine Augen unter den schweren Lidern verrieten sehr wenig von dem, was er dachte. Rattrays Bulldoggengesicht war in grimmiger Konzentration verzerrt. Er schien von allen die meisten Schwierigkeiten zu haben, sich einen Plan, der auf dem Papier stand, konkret klarzumachen. War er erst einmal im Gefecht, so wurde er sich auf seine unnachgiebige Sturheit verlassen und auf das, was er mit eigenen Augen sehen konnte, bis er entweder gesiegt hatte oder tot war.

Die beiden jungeren Kommandanten, Gifford von der Coquette und Poate von der Korvette Restless, verhielten sich weniger reserviert; Bolitho hatte gesehen, da? sie sich von Anfang an Notizen machten. Sie beide wurden nicht an die Gefechtslinie gebunden sein; sie konnten Patrouille fahren oder zum Angriff vorsto?en, wie es ihnen ihre Initiative und ihr Gefuhl fur den richtigen Moment eingab. Sie waren so unabhangig, wie Bolitho es liebend gern gewesen ware und jetzt nicht mehr war.

«Im Zentrum unserer Sto?richtung liegt das Kastell. «Er sah es so vor seinem geistigen Auge, wie er es sich aus den Erinnerungen Draf-fens und dem neuesten Agentenbericht zusammengebaut hatte.»Vor vielen Jahren haben die Mauren es errichtet, es hat starke Mauern und ist gut armiert. Es steht auf einem kleinen Felseneiland, doch ist es seit langerer Zeit durch einen Fahrdamm mit der Westseite der Bucht verbunden. «Draffen hatte ihm erzahlt, da? der Damm von Sklaven gebaut war. Als er das horte, hatte er sich, wie auch jetzt wieder, gefragt, wie viele Menschen in Schmerzen und Elend bei diesem Bau umgekommen waren.»Es soll dort eine etwa zweihundert Mann starke spanische Garnison liegen und dazu ein paar eingeborene Kundschafter. Keine gro?e Streitmacht, aber durchaus fahig, einem ublichen Frontalangriff standzuhalten.»