»Igor Karkaroff«, sagte eine barsche Stimme links von Harry. Harry wandte sich um und sah, wie sich in der Mitte seiner Sitzbank Mr Crouch erhob. Crouchs Haar war dunkel, sein Gesicht hatte viel weniger Falten, er wirkte kraftig und wachsam.»Sie wurden aus Askaban hierher gebracht, um vor dem Zaubereiministerium auszusagen. Sie gaben uns zu verstehen, da? Sie wichtige Informationen fur uns hatten.«

Karkaroff, fest an den Stuhl gebunden, richtete sich, so gut er konnte, auf.

»Das habe ich, Sir«, sagte er, und obwohl seine Stimme angstlich klang, horte Harry den vertrauten oligen Ton heraus.»Ich mochte dem Ministerium dienlich sein. Ich will helfen. Ich – ich wei?, da? das Ministerium versucht – auch noch die letzten Anhanger des dunklen Lords zu stellen. Ich werde alles tun, um dabei zu helfen…«

Von den Banken kam Gemurmel. Einige der Zauberer und Hexen musterten Karkaroff gespannt, andere offen mi?trauisch. Dann horte Harry von der anderen Seite Dumbledores her ganz deutlich eine vertraute knurrende Stimme:»Dreck.«

Harry beugte sich vor und wandte den Kopf. Dort, rechts neben Dumbledore, sa? Mad-Eye Moody – mit einem gewaltigen Unterschied zu dem Moody, den er kannte. Dieser Moody hatte kein magisches Auge, sondern zwei normale. Beide sahen hinab auf Karkaroff, und beide waren, von gluhendem Abscheu erfullt, zu Schlitzen verengt.

»Crouch wird ihn laufen lassen«, flusterte er Dumbledore zu.»Hat sich auf einen Tauschhandel mit ihm eingelassen. Sechs Monate hab ich gebraucht, bis ich ihn endlich in die Finger bekommen hab, und Crouch la?t ihn einfach laufen, wenn er genug neue Namen von ihm kriegt. Nehmen wir seine Informationen, wurd ich sagen, und werfen ihn gleich wieder den Dementoren vor.«

Aus Dumbledores langer Adlernase kam ein leises, mi?billigendes Schnauben.

»Ach ja, hab ich ganz vergessen… du magst ja diese Dementoren nicht, Albus?«, sagte Moody mit maskenhaftem Lacheln.

»Nein«, sagte Dumbledore leise,»ich furchte, nein. Ich war schon immer der Meinung, das Ministerium sollte mit diesen Kreaturen nicht gemeinsame Sache machen…«

»Aber bei Dreckskerlen wie diesem hier…«, sagte Moody leise.

»Sie sagen, Sie hatten Namen fur uns, Karkaroff«, meldete sich jetzt wieder Mr Crouch.»Bitte, wir horen.«

»Sie mussen verstehen«, sagte Karkaroff hastig,»da? er, dessen Name nicht genannt werden darf, immer unter strengster Geheimhaltung gearbeitet hat… er zog es vor, da? wir – das hei?t seine Anhanger – und ich bedaure heute zutiefst, da? ich mich je zu ihnen zahlte -«

»Raus mit der Sprache«, hohnte Moody.

»- wir wu?ten nie die Namen all unserer Gefahrten – nur er wu?te genau, wer alles dazugehorte -«

»Ein durchaus kluger Schachzug, nicht wahr, Karkaroff, damit ein Kerl wie du sie nicht alle verpfeifen kann«, murmelte Moody.

»Und doch behaupten Sie, Sie hatten ein paar Namen fur uns?«, sagte Mr Crouch.

»Ja – das habe ich«, erwiderte Karkaroff atemlos.»Und das waren, beachten Sie, wichtige Gefolgsleute. Leute, die ich mit eigenen Augen seinen Willen habe ausfuhren sehen. Ich gebe diese Namen preis zum Zeichen, da? ich ihm ganz und gar abschwore und so tief bereue, da? ich kaum -«

»Diese Namen lauten?«, sagte Mr Crouch scharf.

Karkaroff holte tief Luft.

»Einer war Antonin Dolohow«, sagte er.»Ich – ich sah ihn unzahlige Muggel foltern und – und Gegner des dunklen Lords.«

»Und hast ihm dabei geholfen«, brummte Moody.

»Wir haben Dolohow bereits gefa?t«, sagte Crouch.»Er wurde kurz nach Ihnen aufgegriffen.«

»Tatsachlich?«, sagte Karkaroff und seine Augen weiteten sich.»Es – es freut mich, dies zu horen.«

Doch er sah nicht danach aus. Harry spurte, da? diese Neuigkeit Karkaroff einen schweren Schlag versetzt hatte. Einer seiner Namen war wertlos geworden.

»Weitere Namen?«, fragte Crouch kalt.

»Naturlich, ja… da war Rosier«, sagte Karkaroff hastig.»Evan Rosier.«

»Rosier ist tot«, sagte Crouch.»Auch er wurde kurz nach Ihnen gefa?t. Er zog es vor zu kampfen, statt ruhig mitzukommen, und wurde im Kampf getotet.«

»Hat dabei aber noch ein Stuck von mir mitgenommen«, flusterte Moody.

Harry wandte sich zu ihm um und sah, wie er Dumbledore das gro?e Loch in seiner Nase zeigte.

»Das – das hat er auch verdient!«, sagte Karkaroff mit einem deutlichen Anflug von Panik in der Stimme. Harry sah, da? er sich allmahlich Sorgen machte, ob uberhaupt eine seiner Informationen dem Ministerium nutzen wurde. Karkaroffs Augen huschten zur Tur an der Ecke, hinter der zweifellos noch die Dementoren lauerten.

»Weitere Namen?«, sagte Crouch.

»Ja!«, stie? Karkaroff hervor.»Da war Travers – er half mit, die McKinnons zu ermorden! Mulciber – er war auf den Imperius-Fluch spezialisiert und hat zahllose Leute gezwungen, schreckliche Dinge zu tun! Rookwood, ein Spion, hat dem Unnennbaren nutzliche Informationen aus dem inneren Kreis des Ministeriums geliefert!«

Harry spurte, da? Karkaroff diesmal auf eine Goldader gesto?en war. Die Zuschauer fingen an zu tuscheln.

»Rookwood?«, fragte Mr Crouch mit einem Kopfnicken zu einer vor ihm sitzenden Hexe, die auf ihr Pergamentblatt zu kritzeln begann.»Augustus Rookwood von der Mysteriumsabteilung?«

»Ja, genau der«, sagte Karkaroff beflissen.»Ich glaube, er nutzte ein Netz gut plazierter Zauberer innerhalb wie au?erhalb des Ministeriums, um wichtige Informationen zu sammeln -«

»Aber Travers und Mulciber haben wir«, sagte Mr Crouch.»Nun gut, Karkaroff, wenn das alles ist, werden Sie nach Askaban zuruckgebracht, wahrend wir entscheiden -«

»Noch nicht!«, schrie Karkaroff in heller Verzweiflung.»Warten Sie, ich habe noch mehr!«

Harry sah ihn im Licht der Fackeln schwitzen, die wei?e Haut scharf abgehoben gegen das Schwarz von Haar und Bart.

»Snape!«, rief er.»Severus Snape!«

»Snape wurde vor diesem Rat bereits entlastet«, sagte Crouch kuhl.»Albus Dumbledore hat sich fur ihn verburgt.«

»Nein!«, rief Karkaroff und zerrte an den Ketten, die ihn an den Stuhl fesselten.»Ich versichere Ihnen, Severus Snape ist ein Todesser!«

Dumbledore hatte sich erhoben.»Ich habe in dieser Angelegenheit bereits ausgesagt«, erklarte er ruhig.»Severus Snape war in der Tat ein Todesser, doch er hat sich schon vor Lord Voldemorts Sturz wieder unseren Reihen angeschlossen und als Spion fur uns gearbeitet, unter gro?ter Gefahr fur sein eigenes Leben. Er ist heute genauso wenig ein Todesser, wie ich es bin.«

Harry wandte den Kopf Mad-Eye Moody zu. Da sa? er, hinter Dumbledores Rucken, und machte ein Gesicht, in dem tiefe Zweifel geschrieben standen.

»Nun gut, Karkaroff«, sagte Crouch kuhl,»Sie waren hilfreich. Ich werde Ihren Fall noch einmal prufen. In der Zwischenzeit werden Sie nach Askaban verbracht…«

Mr Crouchs Stimme erstarb. Harry sah sich um; der Kerker loste sich auf, als ware er aus Rauch; alles verbla?te, er konnte nur noch seinen eigenen Korper sehen, alles andere waren wirbelnde Schatten…

Und dann kehrte der Kerker zuruck. Harry sa? auf einem anderen Platz; noch immer auf der hochsten Bank, doch jetzt links von Mr Crouch. Die Stimmung war ganz anders; entspannt, fast frohlich. Die hier versammelten Hexen und Zauberer unterhielten sich miteinander, als waren sie bei einer Sportveranstaltung. Eine Hexe auf halber Hohe gegenuber fing Harrys Blick auf. Sie hatte kurzes blondes Haar, trug einen magentaroten Umhang und nuckelte an der Spitze eines giftgrunen Federkiels. Es war, unverkennbar, die jungere Rita Kimmkorn. Harry sah sich um; wieder sa? Dumbledore neben ihm, diesmal in einem anderen Umhang. Mr Crouch wirkte muder, auch irgendwie grimmiger und hagerer… Harry begriff. Es war eine andere Erinnerung, ein anderer Tag… ein anderer Proze?.

Die Tur in der Ecke offnete sich und Ludo Bagman schritt herein.

Dies war jedoch nicht der ein wenig aus dem Leim gegangene Ludo Bagman, sondern ein Bagman, der offensichtlich auf der Hohe seiner Kraft als Quidditch-Spieler war. Seine Nase war noch nicht gebrochen; er war gro?, schlank und muskulos. Bagman wirkte nervos, als er sich auf den Kettenstuhl setzte, doch der Stuhl fesselte ihn nicht wie zuvor Karkaroff, und Bagman, dadurch vielleicht ermutigt, lie? den Blick uber die Zuschauermenge schweifen, winkte einigen von ihnen und schaffte sogar den Anflug eines Lachelns.