Harry und Ron trafen sich im Gemeinschaftsraum mit Hermine und gingen hinunter zum Fruhstuck. Danach verbrachten sie fast den ganzen Morgen im Gryffindor-Turm, wo sich alle mit ihren Geschenken amusierten, dann kehrten sie zu einem herrlichen Mittagessen in die Gro?e Halle zuruck, bei dem es mindestens hundert Truthahne und Plumpuddings und bergeweise Kribbels Zauberkracker gab.
Am Nachmittag gingen sie hinaus aufs Schlo?gelande; der Schnee war noch unberuhrt, nur die Durmstrangs und Beauxbatons hatten auf ihren Wegen zum Schlo? tiefe Graben in der Schneedecke hinterlassen. Hermine schaute bei der Schneeballschlacht, die sich Ron und Harry gegen die beiden anderen Weasleys lieferten, lieber nur zu und verkundete dann gegen funf, sie wolle jetzt nach oben gehen und sich auf den Ball vorbereiten.
»Wie bitte, du brauchst drei Stunden?«, fragte Ron und sah sie verdutzt an, was er prompt bu?en mu?te, denn ein gro?er Schneeball von George traf ihn hart am Ohr.»Mit wem gehst du eigentlich?«, rief er Hermine nach, doch sie winkte nur von der Steintreppe her und verschwand im Schlo?.
Heute gab es keinen Weihnachtstee, da zum Ball ein Festmahl gehorte, und um sieben Uhr, als sie ohnehin kaum noch etwas sehen konnten, gaben sie ihre Schneeballschlacht auf und stapften zuruck in den Gemeinschaftsraum.
Die fette Dame sa? mit ihrer Freundin Violet aus dem Erdgescho? beisammen, beide schon ziemlich beschwipst, was bei den leeren Schnapspralinen-Schachteln, die uber den Boden verstreut lagen, nicht weiter verwunderlich war.
»Fichterleen, so isses!«, kiekste sie auf das Pa?wort hin und schwang zur Seite, um sie einzulassen.
Harry, Ron, Seamus und Neville zogen oben im Schlafsaal ihre Festumhange an und guckten dabei allesamt recht verlegen aus der Wasche, doch keiner litt solche Qualen wie Ron, der sich im hohen Spiegel in der Ecke entsetzt anstarrte. Es lie? sich einfach nicht leugnen, da? sein Umhang peinliche Ahnlichkeit mit einem Kleid hatte. In einem verzweifelten Versuch, es mehr nach Mannermode aussehen zu lassen, machte er sich mit einem Abtrennzauber uber Ruschenkragen und Spitzensaume her. Es gelang ihm auch halbwegs, denn zumindest war der Umhang jetzt ruschenfrei, doch auf dem Weg nach unten war dann doch deutlich zu sehen, da? Kragen und Armelsaume furchterlich ausgefranst waren.
»Ich begreif immer noch nicht, wie ihr zwei die beiden bestaussehenden Madchen der ganzen Klassenstufe abkriegen konntet«, grummelte Dean.
»Tierischer Magnetismus«, sagte Ron mit dusterer Miene und zog wieder mal einen losen Faden aus dem Armelsaum.
Der Gemeinschaftsraum bot einen ganz ungewohnlichen Anblick: es war heute nicht das ubliche schwarze Gewusel, sondern er war voller Schuler, die in den verschiedensten Farben gekleidet waren. Parvati erwartete Harry am Fu? der Treppe. Mit ihrem knallroten Umhang, dem mit goldenen Strahnen durchflochtenen langen schwarzen Zopf und den goldenen Armspangen, die an ihren Handgelenken schimmerten, sah sie unbestreitbar hubsch aus. Harry stellte erleichtert fest, da? sie nicht giggelte.
»Du -, ahm – siehst nett aus«, sagte er verlegen.
»Danke«, erwiderte sie.»Padma erwartet dich in der Eingangshalle«, fugte sie zu Ron gewandt hinzu.
»Gut«, sagte Ron und sah sich um.»Wo steckt Hermine?«
Parvati zuckte die Achseln.»Wie steht's, Harry, wollen wir gehen?«
»Einverstanden«, sagte Harry und ware doch am liebsten im Gemeinschaftsraum geblieben. Fred zwinkerte Harry auf dem Weg zum Portratloch zu.
Auch in der Eingangshalle wimmelte es von Leuten, die sich gegenseitig auf die Fu?e traten und warteten, da? es endlich acht Uhr wurde und die Flugelturen zur Gro?en Halle aufgingen. Wer mit einem Partner aus einem anderen Haus verabredet war, drangte sich mit verzweifelt suchendem Blick durch die Menge. Parvati fand ihre Schwester Padma und fuhrte sie hinuber zu Harry und Ron.
»Hallo«, sagte Padma, die in ihrem hellturkisen Umhang nicht weniger hubsch aussah als Parvati. Allerdings schien sie nicht uberma?ig begeistert, Ron als Partner zu haben. Als sie ihn von Kopf bis Fu? musterte, blieben ihre dunklen Augen an dem ausgefransten Kragen und den Armeln seines Festumhangs haften.
»Hallo«, sagte Ron, sah sie jedoch uberhaupt nicht an, sondern lie? den Blick hastig durch die Menge schweifen.»O nein…«
Er ging in die Knie, um sich hinter Harrys Rucken zu verstecken, denn in diesem Augenblick schwebte Fleur Delacour vorbei, begleitet vom Quidditch-Kapitan der Ravenclaws, Roger Davies. In ihrem silbergrauen Satinumhang sah Fleur einfach umwerfend aus. Als sie verschwunden waren, richtete sich Ron wieder auf und lugte uber die Kopfe der Menge hinweg.
»Wo steckt blo? Hermine?«, fragte er zum wiederholten Mal.
Eine Gruppe Slytherins kam die Treppe von ihrem Gemeinschaftsraum unten in den Kerkern herauf. Malfoy fuhrte sie an; er trug einen Festumhang aus schwarzem Satin mit einem Stehkragen, und Harry fand, da? er aussah wie ein Priester. An Malfoys Arm klammerte sich Pansy Parkinson in einem stark beruschten bla?rosa Umhang. Crabbe und Goyle trugen beide Grun; sie ahnelten moosbewachsenen Gerollblocken, und wie Harry befriedigt feststellte, war es keinem von beiden gelungen, eine Partnerin zu finden.
Das Eichenportal offnete sich und alle wandten sich um. Die Schuler aus Durmstrang betraten die Halle, angefuhrt von Professor Karkaroff. Mit an der Spitze ging Krum, begleitet von einem hubschen Madchen in blauem Umhang, das Harry nicht kannte. Er spahte uber ihre Kopfe hinweg und sah, da? sie drau?en direkt vor dem Schlo? ein Stuck Rasen in eine Art Grotte voller Lichterfeen verwandelt hatten – Hunderte von echten Feen sa?en dort in Rosenbuschen oder flatterten uber einem steinernen Weihnachtsmann mit Rentier.
Jetzt ertonte Professor McGonagalls kraftige Stimme:»Die Champions hierher, bitte!«
Parvati, die ubers ganze Gesicht strahlte, ruckte ihre Ketten und Spangen zurecht;»bis gleich«, sagten sie zu Ron und Padma. Die schwatzende Menge teilte sich vor ihnen und sie gingen nach vorn. Professor McGonagall, die einen Festumhang aus rotem Schottentuch trug und einen ziemlich ha?lichen Distelkranz auf die Krempe ihres Huts gelegt hatte, wies sie an, rechts von der Tur zu warten, wahrend die anderen schon hineingingen und sich auf ihre Platze setzten; erst dann sollten sie in einem feierlichen Zug die Gro?e Halle durchqueren. Fleur Delacour und Roger Davies stellten sich gleich neben der Tur auf; Davies schien von seinem Gluck, Fleur als Partnerin abbekommen zu haben, so uberwaltigt, da? er kaum den Blick von ihr wenden konnte. Auch Cedric und Cho standen in Harrys Nahe; er sah anderswohin, damit er nicht mit ihnen sprechen mu?te. So fiel sein Blick auf das Madchen neben Krum. Und der Mund klappte ihm auf.
Es war Hermine.
Aber sie sah uberhaupt nicht aus wie Hermine. Offenbar hatte sie etwas mit ihrem Haar angestellt; es war nicht mehr buschig, sondern geschmeidig und glanzend und verschlang sich in ihrem Nacken zu einem eleganten Knoten. Sie trug einen Umhang aus flie?endem, immergrun-blauem Stoff, und sie bewegte sich auch irgendwie anders; doch vielleicht nur deshalb, weil die zwei Dutzend Bucher fehlten, die sie auf dem Rucken mit sich zu schleppen pflegte. Au?erdem lachelte sie – ziemlich nervos, und nun fiel deutlich auf, da? ihre Vorderzahne geschrumpft waren. Harry begriff nicht, warum er es nicht schon langst bemerkt hatte.
»Hallo, Harry!«, sagte sie.»Hallo, Parvati!«
Parvati starrte Hermine mit unverhohlener Besturzung an. Und sie war nicht die Einzige; als sich die Turen der Gro?en Halle offneten, stakste Krums Fanclub aus der Bibliothek vorbei und warf Hermine Blicke voll abgrundtiefer Verachtung zu. Pansy Parkinson, an Malfoys Arm, lief mit offenem Mund an ihr vorbei, und selbst Malfoy schien um eine Beleidigung verlegen, die er ihr an den Kopf werfen konnte. Ron jedoch lief schnurstracks an Hermine vorbei, ohne sie eines Blickes zu wurdigen.